»Das Innere wird durch die äußeren Umstände nicht berührt«
Hanne Trautwein und Hermann Lenz lernten sich, beide Anfang zwanzig, 1937 im Kunsthistorischen Institut der Universität München kennen: er angehender Schriftsteller, sie Studentin der Kunstgeschichte, Halbjüdin. Sie schrieben sich zunächst in den Semesterferienn, dann regelmäßig, als Hermann Lenz einberufen wurde und bis zum Ende des Krieges Soldat in der Wehrmacht blieb. Er, der sich fest vorgenommen hatte, im Krieg keinen Menschen zu erschießen, war in vorderster Front im Russlandfeldzug mit dabei. Hanne Trautwein entging der Verfolgung dank einer Anstellung als Sachverständige für Beutekunst bei einem einflussreichen Kunsthändler. Sie ermöglichen einander das Überleben, indem sie in utopischen Daseinsentwürfen sich eine Gegenwelt entwerfen zu den realen Schrecknissen um sie herum. Der Briefwechsel wird bis 1946 geführt, als Hermann Lenz aus der amerikanischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, Hanne Trautwein zu ihm nach Stuttgart zieht und die beiden heiraten.
Die hier erstmals veröffentlichten 577 Briefe und Karten, die Hanne und Hermann Lenz ausgetauscht haben, sind nicht nur ein bedeutendes zeithistorisches Dokument, sondern zeigen auch in ganz besonderer Weise die Wirkungskraft der Dichtung. Die deutsche Literatur kennt aus dieser dramatischen Zeit an Zeugnissen einer deutsch-jüdischen Verbindung nichts Vergleichbares.
Hermann Lenz wurde am 26. Februar 1913 in Stuttgart geboren und starb am 12. Mai 1998 in München. Nach dem Abitur im Jahr 1931 studierte Lenz Theologie in Tübingen und anschließend von 1933 bis 1940 Kunstgeschichte, Archäologie und Germanistik in Heidelberg und München. Von 1940 bis 1946 war er als Soldat in Frankreich und Russland stationiert und kurze Zeit in amerikanischer Kriegsgefangenschaft. Seine schriftstellerische Arbeit begann Lenz 1946 in Stuttgart. Im selben Jahr heiratete er die Kunsthistorikerin Hanne Trautwein. Zu seinen Hauptwerken gehören die Romane Andere Tage und Neue Zeit um sein Alter Ego Eugen Rapp. Von 1951 bis 1971 war Lenz Sekretär des Süddeutschen Schriftstellerverbandes.1972 begegnete er zum erste Mal Peter Handke. Ab 1975 lebte Lenz in München. Er erhielt zahlreiche Preise für seine Werke.
Johanna (Hanne) Lenz, geb. Trautwein, wurde am 24. Juli 1915 in München geboren und starb am 26. Januar 2010 ebenda. Sie war Kunsthistorikerin und arbeitete als Verlagslektorin. 1946 veröffentlichte sie die Erzählungen Das Nachtkarussell.
Michael Schwidtal, geboren 1954, lebt in Frankfurt am Main. Er ist Literatur- und Kulturwissenschaftler.
» ... ein imposantes Zeugnis von hoher literarischer Qualität.« Rainer Moritz Deutschlandfunk 20190210
» ... ein imposantes Zeugnis von hoher literarischer Qualität.«
»[Ein] hervorragend editierter Briefwechsel ... «
»Der Ton der Briefe, die sich die beiden Liebesleute schreiben, ist ein ganz besonderer: Sie sorgen sich umeinander, sie behandeln sich mit Zartheit, und sie setzen in ihrem Leben auf die ständige Begegnung mit Büchern und Bildern.«
»Die beeindruckende Korrespondenz zwischen Hanne Trautwein und Hermann Lenz ist viel mehr als ein Dokument.«
»Die Briefe erzählen so eindrücklich von der Liebe zur Literatur als Vedemecum in allerschwerster Zeit, weshalb ihr Titel besser nicht hätte gewählt werden können.«
»Die Briefe sind [ein] Zeugnis menschlicher Selbstbehauptung in historischer Ausnahmezeit und von einer Bedeutung, die weit über die Stuttgarter Stadt- und Kulturgeschichte weist.«
»Es sind Briefe, die glücklich gemacht haben ... . Sie sind offen, aber keine Selbstentblößung, sondern vielmehr Trost und Sehnsucht sowie fortgesetzter Freundschaftsbeweis zweier Einsamer.«
» ... ein Briefwechsel in schwierigen Zeiten, der so viele ist: Liebes- und Literaturgeschichte, wie auch Zeitdokument.«
»Der Briefwechsel lenkt den Blick nicht nur auf die Bedeutung literarischer Quellen für die historische Forschung. Er verbindet Individual- und Zeitgeschichte, gestattet eine Wahrnehmung von Gefühls- und Traumwelten und erschließt so Dimensionen historischer Wirklichkeit, die oft unexpliziert bleiben und Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit verlangen, zwischen den Zeilen zu lesen.«
Erscheinungsdatum | 15.10.2018 |
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Zusatzinfo | Mit Abbildungen (Bildteil s/w) |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Maße | 136 x 216 mm |
Gewicht | 1032 g |
Themenwelt | Literatur ► Briefe / Tagebücher |
Schlagworte | Bombardierung Münchens • Briefe • Deutsche Geschichte • Deutsche Literatur • Jean-Paul-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 1991 • Judenverfolgung • Kunsthandel • Münchner Literaturpreis 1995 • Nationalsozialismus • Ostfront • Raubkunst • Würth-Preis für Europäische Literatur 1997 • Zeitgeschichte • Zweiter Weltkrieg |
ISBN-10 | 3-458-17772-8 / 3458177728 |
ISBN-13 | 978-3-458-17772-2 / 9783458177722 |
Zustand | Neuware |
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