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Die linke Hand des Bösen (eBook)

Ein Fall für Alexander Gerlach
eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
432 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-97808-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die linke Hand des Bösen -  Wolfgang Burger
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Als Kommissar Arne Heldt auf grausamste, sadistische Weise in einem Heidelberger Vorort ermordet aufgefunden wird, ist Kripochef Alexander Gerlach entsetzt. Zwar war das Opfer nicht sehr beliebt, ein Gerechtigkeitsfanatiker, gefangen in einer Welt, in der es nur Gut oder Böse gab. Aber er war ein Kollege. Sofort beginnt Gerlach mit den Ermittlungen und stößt bald auf einen alten Fall von Vergewaltigung mit Todesfolge, den Heldt neu aufrollen wollte. Sämtliche Spuren deuten auf ein geschickt betriebenes Netzwerk von Hardcore-Pornos, das nicht nur bis in die besten Kreise Baden-Württembergs reicht, sondern sogar bis nach Griechenland und Aserbaidschan. Doch wer ist der ruchlose Kopf des Ganzen?

Wolfgang Burger, geboren 1952 im Südschwarzwald, ist promovierter Ingenieur und hat viele Jahre in leitenden Positionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT gearbeitet. Seit 1995 ist er schriftstellerisch tätig und lebt heute in Karlsruhe und Regensburg. Seine Gerlach-Krimis wurden bereits zweimal für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert und stehen regelmäßig auf der SPIEGEL-Best­sellerliste.

Wolfgang Burger, geboren 1952 im Südschwarzwald, ist promovierter Ingenieur und hat viele Jahre in leitenden Positionen am Karlsruher Institut für Technologie KIT gearbeitet. Er hat drei erwachsene Töchter und lebt heute in Karlsruhe und Regensburg. Seit 1995 ist er schriftstellerisch tätig. Die Alexander-Gerlach-Romane waren bereits zweimal für den Friedrich-Glauser-Preis nominiert und standen mehrfach auf der SPIEGEL-Bestsellerliste.

1


Ich würde nicht hineingehen – das wurde mir in der Sekunde klar, als ich die Hand auf die zerkratzte Aluminiumklinke legte. Sie gehörte zu einer schäbigen Wohnungstür im zweiten Obergeschoss eines zugigen Mietshauses. Die Tür war nur angelehnt, stellte ich fest, und was mich dahinter erwartete, brauchte ich nicht.

Nicht mehr.

Nie mehr.

Ich musste mir das auch gar nicht antun, denn schließlich war ich der Chef hier. Mein Job war es, meine Leute anzuleiten, darauf zu achten, dass sie ihre Arbeit ordentlich machten. Meine Aufgabe war es nicht, ihnen dabei im Weg zu stehen und mit gut gemeinten Ratschlägen auf die Nerven zu gehen.

Sollten sie von mir denken, was sie wollten – ich würde nicht durch diese Tür treten.

Heute war Mittwoch, der sechzehnte November. Buß- und Bettag. Obwohl schon nach neun, war es draußen noch immer nicht richtig hell, und es herrschte ein Wetter, um sich eine Kugel durch den Kopf zu schießen. Was also wollte ich hier?

Ich war gerade dabei gewesen, mit Theresa zusammen den Frühstückstisch abzuräumen, als der Anruf kam: Einer meiner Mitarbeiter war tot. Arne Heldt. Ermordet in Ziegelhausen, einem Vorort östlich von Heidelberg. Hinter dieser hässlichen walfischgrauen Holztür hatte er vor Kurzem noch gelebt.

Im Grunde hatte ich ihn kaum gekannt, diesen Arne Heldt. Er war erst seit wenigen Monaten bei uns. Als er kam, ich meine, es war am ersten September, einem strahlenden, herrlich warmen Spätsommertag, war er bei mir gewesen, um sich vorzustellen. Ich hatte ihn leutselig begrüßt, ihm ein paar launige Bemerkungen mit auf den Weg gegeben, ihn Klara Vangelis zugeteilt und fast sofort wieder vergessen.

Ein unscheinbarer Mensch war er gewesen, der neue Mitarbeiter, mehr konnte ich eigentlich nicht über ihn sagen. Still, ernst, vielleicht ein wenig verbissen. Um nicht zu sagen: verbittert. Ein Mensch, den man leicht wieder vergisst. Schon über sechzig war er gewesen, und in ein, zwei Jahren hätte er in Pension gehen können. Nie hatte ich Klagen gehört. Aber auch nie ein Lob.

Aus der Wohnung drangen halblaute Geräusche, Gemurmel, Kameraklicken, hin und wieder ein verhaltenes Lachen, das sofort wieder erstarb. Dieses Lachen, das immer wieder aufkommt, wenn man das Grauen anders nicht mehr erträgt. Vorsichtig drückte ich die Tür ein wenig weiter auf, blickte in einen länglichen Flur, von dem auf jeder Seite zwei Türen abgingen und eine fünfte am gegenüberliegenden Ende, wo sich vermutlich das Wohnzimmer befand. Sie war als Einzige geschlossen.

Ein Schwall von Altmännermief und abgestandenem Zigarettenqualm kam mir entgegen. Der tote Kollege war offenbar Raucher gewesen.

In sämtlichen Räumen war das Licht eingeschaltet, dennoch war es nicht hell in diesem stinkenden Flur, dessen Boden von einem verschlissenen Läufer im Orientlook bedeckt wurde. Darüber war jetzt eine dünne Plastikfolie gebreitet, die vermeiden sollte, dass eventuell vorhandene Spuren vernichtet oder unabsichtlich falsche Spuren gelegt wurden durch Haare und Hautschuppen der Menschen, die sich um das Elend dort drinnen kümmern mussten.

An den Wänden klebte eine vergilbte Blümchentapete. Helle Stellen verrieten, wo früher Bilder gehangen hatten. Jetzt hing da nichts mehr. Keine Familienfotos, keine Schnappschüsse aus glücklichen Urlaubstagen, keine Vergangenheit. Eine primitive Messinggarderobe mit vier Haken verunzierte den schmalen Raum. Sie sah aus, als hinge sie seit dem Bau des Hauses dort.

Auf einer kleinen nussbraunen Kommode, unter einem länglichen, an manchen Stellen schon blinden Spiegel, stand die Basisstation eines schnurlosen Telefons, an der ein rotes Lämpchen hoffnungslos blinkte. Der Mann, dem das alles hier gehörte, würde nicht zurückrufen. Er würde niemals wieder ans Telefon gehen.

Weshalb war ich überhaupt hergefahren? Gewohnheit? Neugier? Ich konnte es nicht sagen. Eigentlich war es ein Reflex gewesen, eine völlig automatische Handlung. Eine Idiotie. Durch die zweite Tür rechts, die zu dem Raum führte, wo es geschehen war, fiel ein breiter Streifen eiskaltes Licht. Licht der starken Halogenscheinwerfer, die die Spurensicherer aufgestellt hatten, um ihr trauriges Werk verrichten zu können.

Ich wollte gerade wieder kehrtmachen, mich leise verdrücken, als Klara Vangelis aus der Tür trat, ungewöhnlich blass im grellen Licht. Sie bemerkte mich, lächelte tapfer, kam mit zögernden, fast lautlosen Schritten auf mich zu, als hätte sie nicht wirklich Lust, mit mir zu sprechen. Wie alle, die sich jetzt in der Wohnung befanden, trug sie einen weißen Schutzanzug mit Kapuze.

»Es sieht böse aus«, sagte sie, als wir kraftlos Hände schüttelten.

Vangelis war die Tochter griechischer Eltern, jedoch in der Nähe von Heidelberg geboren und in vielem deutscher als die meisten Deutschen. Mit einer Körpergröße von wenig mehr als eins sechzig erfüllte sie die Einstellungsvoraussetzungen der Polizei Baden-Württembergs nur knapp. Dabei war die Erste Hauptkommissarin ein ernst zu nehmender Gegner, wie schon mancher Tunichtgut zu seiner Verblüffung erfahren hatte, den sie in die Zange nahm. Und sie war eine meiner besten Kräfte. Wenn nicht die beste.

»Ich habe es schon gehört«, erwiderte ich mit belegter Stimme.

Ich sollte mir wirklich abgewöhnen, Tatorte zu besichtigen, mich in die tägliche Arbeit meiner Leute einzumischen. Hatte ich nicht genug Arbeit auf dem Schreibtisch? Akten waren zu lesen, Berichte zu schreiben, Sitzungen zu organisieren, Aufgaben zu delegieren. Zugegeben, es war peinlich, dass ausgerechnet der Chef der Kriminalpolizei kein Blut sehen konnte. Aber so war es nun einmal.

»Ich gehe lieber nicht rein, weil ich keinen Schutzanzug habe«, sagte ich, um mein merkwürdiges Verhalten zu erklären. »Wollte nur mal sehen, wie es so aussieht.«

Vor dem lange nicht geputzten Treppenhausfenster rauschte und gurgelte dieser endlose eiskalte Regen, der mich auf den wenigen Metern vom Wagen bis zur Haustür durchnässt hatte. Klara Vangelis nickte mit einer Miene, als hätte sie gerade an etwas ganz anderes gedacht.

»Wollen Sie Details hören?«, fragte sie.

»Er ist tot«, sagte ich, »ermordet. Das reicht mir fürs Erste.«

»Ich habe schon einiges gesehen«, murmelte die sonst so taffe Klara Vangelis und schob mit einer fahrigen Bewegung eine ihrer dunklen Locken hinters Ohr. »Aber das hier …« Sie schluckte, straffte ihren Rücken. »Am Freitag hat er noch an seinem Schreibtisch gesessen. Wir haben geredet. Über seine Arbeit, über das schreckliche Wetter. Dass in fünf Wochen Weihnachten ist. Er hat mir erzählt, dass er eine Kreuzfahrt machen will, wenn er nächstes Jahr in Pension geht. Kanaren, Azoren, Bahamas, ich weiß es nicht mehr. Er hatte noch nicht viel gesehen von der Welt, hat er mir erzählt. Ungewöhnlich gesprächig war er an dem Tag, das fällt mir erst jetzt auf. So … wie soll ich sagen? Als würde er sich auf ein schönes Wochenende freuen.«

Sie klang ziemlich verschnupft. Schniefte fast ständig. Ihre Augen waren trüb und traurig. Die grassierende Grippe hatte nun auch sie erwischt.

»Kann man schon etwas zum Tatzeitpunkt sagen?«

Sie hob die schmalen Schultern. »Drei, vier Tage? Heute ist Mittwoch. Also am Wochenende, denke ich. Am Montag ist er nicht zum Dienst erschienen. Da war ich allerdings in Wiesbaden, deshalb habe ich es erst gestern erfahren. Ich dachte natürlich, jetzt ist er auch noch krank geworden. Wird sich schon melden, wenn es ihm wieder besser geht. Ich wusste ja, dass er allein lebt. Hatte viel um die Ohren, sonst … ich meine … ich hätte sonst … vielleicht …«

»Sie hätten ihn nicht retten können«, fiel ich ihr mit hoffentlich fester Stimme ins Wort. »Fangen Sie gar nicht erst an, sich Vorwürfe zu machen. Sie hätten es nicht verhindern können.«

Vangelis nickte mit abgewandtem Blick. Die Locke rutschte wieder nach vorn. Wurde erneut zurückgestrichen.

»Er ist ja nicht nur ermordet worden«, murmelte sie, als führte sie ein Selbstgespräch. »Dem Täter ging es nicht darum, dass Arne stirbt. Er wollte, dass er leidet. Er hat ihn gefesselt und geknebelt auf sein Bett gelegt und …« Wieder schluckte sie. Noch nie hatte ich sie so fassungslos gesehen. »Er muss ihn stundenlang … stundenlang … Ich …«

Sollte ich jemand anderem die Leitung der Ermittlungen übertragen? Aber wem? Fast die Hälfte meiner Mitarbeiter war krank. Die Grippe kam ungewöhnlich früh in diesem Winter, hatten sie am Morgen im Radio gesagt.

»Und niemand im Haus hat irgendwas davon mitbekommen?«, fragte ich, als Vangelis nicht weitersprach.

Sie seufzte. Deutete nach oben. »Unter dem Dach wohnt ein Student, der wahrscheinlich jetzt an der Uni ist. Unter uns eine Frau Seltenreich, die auch nicht zu Hause ist. Nur mit dem alten Ehepaar im Erdgeschoss habe ich kurz gesprochen. Sie waren das ganze Wochenende über hier und sagen, sie haben nichts gehört und nichts gesehen. Wenigstens konnten sie mir die Handynummer des Hausbesitzers geben. Ein Anwalt. Rolf versucht gerade, ihn zu erreichen.«

Rolf Runkels Stimme hörte ich hin und wieder aus den Tiefen der Wohnung. Vermutlich hatte er sich in eine ruhige Ecke verzogen, um ungestört telefonieren zu können.

Die vorwitzige Locke fiel wieder in ihr blasses Gesicht. Dieses Mal ließ sie sie hängen. In diesem Moment trat Runkel aus der Tür, die dem Schlafzimmer des toten Kollegen gegenüberlag. Er stutzte, gesellte sich nach kurzem Zögern zu uns.

»Hab...

Erscheint lt. Verlag 2.10.2017
Reihe/Serie Alexander-Gerlach-Reihe
Alexander-Gerlach-Reihe
Alexander-Gerlach-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alexander Gerlach • Alexander-Gerlach-Reihe • Andreas Franz • Belletristik • Buch • Bücher • Deutscher Krimi • Ermittlung • Heidelberg • Hochspannung • Klassischer Krimi • Kommissar • Kriminalroman • Kripo • Michael Kibler • Mord • Nele Neuhaus • Regiokrimi • Regionalkrimi • Roman • Roman für Krimi-Leser • spannend • Spannung • SPIEGEL-Bestsellerautor • Strandlektüre • Unterhaltung • Urlaubslektüre • Wen der Tod betrügt
ISBN-10 3-492-97808-8 / 3492978088
ISBN-13 978-3-492-97808-8 / 9783492978088
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