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Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben (eBook)

Meine letzten Geheimnisse

(Autor)

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
1040 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-1397-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Nachricht von meinem Tod ist stark übertrieben - Mark Twain
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»Dieser Twain ist unverschämt modern .« The New York Times Er ist eine der berühmtesten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts, seit über 100 Jahren tot - und erreicht uns wie ein Zeitgenosse: Twain spricht direkt mit uns und flüstert uns bei diesem Schlussakkord seiner Jahrhundertautobiographie die letzten Geheimnisse seines wechselvollen Lebens ins Ohr. Äußerlich wurden Twain im Laufe seines Lebens alle Ehrungen zuteil, im Inneren überwog zuletzt die Trauer über all die Verluste und Vertrauensbrüche. War die 30 Jahre jüngere Sekretärin Isabel Lyon seine Geliebte, wie gemunkelt wurde, oder eine Intrigantin, die ihn ausnehmen wollte? In seinen vielleicht schwersten Momenten zeigt er sich wütend, ungerecht - und als ein Mensch, der einem über ein Jahrhundert hinweg nahe ist. Man möchte ihm in seiner Einsamkeit beistehen, und er nimmt den Dialog an. Dabei stellt sich heraus, wie nötig und aktuell Twain ist - und das nicht nur, wenn er vorführt, wie man einem außer Kontrolle geratenen US-Präsidenten die Stirn bietet. Mark Twain, der vertraute Freund, hat sich endgültig und für alle Zeiten unsterblich gemacht. »So reich, so erstaunlich.« FAZ »Das Gefühl, das am Ende bleibt: einem höchst aufrichtigen und sympathischen, einem animierenden und kämpferischen Geist begegnet zu sein.« DIE ZEIT



Mark Twain wurde am 30.11.1835 in Florida (Missouri) geboren. Sein eigentlicher Name ist Samuel Langhorne Clemens. Der Vater starb 1847, und Twain musste im Alter von zwölf Jahren die Schule abbrechen und begann eine Lehre als Schriftsetzer. Mit 17 Jahren ging er nach New York, dann nach Philadelphia, wo er die ersten Reiseskizzen schrieb.Von 1857 bis 1860 war er Lotse auf dem Mississippi, nahm am Sezessionskrieg auf der Seite der Konföderierten teil und war 1861 Silbersucher in Nevada. 1864 lebte er in San Francisco, 1866 als Reporter auf Hawaii und 1867 als Reisender in Europa und Palästina. Er gründete einen Verlag, musste aber 1894 Konkurs anmelden und ging auf Weltreise, um mit Vorträgen seine Schulden abzutragen. Mark Twain starb am 21.4.1910 in Redding (Connecticut).

Tuxedo, 18. Mai 1907


Nach einer Pause von einem Monat oder mehr den Diktierfaden wieder aufgenommen – Bereits vierhunderttausend Wörter der Autobiographie diktiert – Die Eröffnung der Messe des Schauspielerfonds – Die Fahrt auf Mr. Rogers’ Yacht zur Ausstellung in Jamestown – Die für den 8. Juni vorgeschlagene Reise nach England, um die Ehrendoktorwürde der Oxford University entgegenzunehmen – Abschrift des Gedichts »Für Mark Twain«

Es scheint lange her zu sein, dass ich etwas diktiert habe; und tatsächlich ist es lange her, wenn auch vielleicht nicht so lange, wie es scheint. Nach einer zweiten Reise nach Bermuda im März täuschte ich vor zu arbeiten, aber im Wesentlichen lief es vermutlich auf nicht mehr als ein Vortäuschen hinaus. Doch das betrübt mich nicht; ich mache mir deswegen keine Vorwürfe. Hätte ich aus dem Diktieren meiner Autobiographie mehr Vergnügen, mehr Behagen, mehr Befriedigung geschöpft als aus anderen Formen des Spiels, so hätte ich weiterdiktiert, statt nach anderen Formen des Amüsements Ausschau zu halten. Während einer Zeitspanne von fünfunddreißig Jahren habe ich in meinem Gewerbe als Schriftsteller meine Feder zur Sommerzeit und nur zur Sommerzeit benutzt. Drei Monate im Jahr habe ich gearbeitet und mich in den verbleibenden neun auf andere Weise amüsiert. In diesen fünfunddreißig Jahren betrug mein literarischer Ausstoß im Durchschnitt knapp siebzigtausend Wörter pro Jahr; seit ich jedoch zu diktieren angefangen habe, am 9. Januar 1906, habe ich mich nicht auf die Sommerferien als Arbeitszeit beschränkt, sondern meine Tätigkeit über das ganze Jahr verteilt. Vergangenen März, als ich zum zweiten Mal nach Bermuda reiste, hatte ich in den vorhergehenden dreizehn oder vierzehn Monaten schätzungsweise vierhunderttausend Wörter diktiert; ich erkannte, dass ich genug autobiographisches Material zusammengestellt hatte, um es zwecks Verlängerung des Urheberrechtsschutzes um achtundzwanzig Jahre auf meine existierenden Bücher zu verteilen, und da diese Verlängerung im Interesse des Lebensunterhaltes meiner Töchter das vorrangige Ziel der Autobiographie gewesen war, kam es mir nicht darauf an, ob ich ihr etwas hinzufügte oder nicht; tatsächlich zog ich mich dezidiert von aller menschlichen Erwerbstätigkeit zurück und bestimmte die verbleibenden Wochen oder Jahre meines Lebens dazu, als Urlaub begangen und genossen zu werden – der erste wirkliche Urlaub in einer Lebenszeit von mehr als siebzig Jahren. Das hört sich widersinnig an, kann ich mir doch nicht verhehlen, dass mein Leben in den letzten fünfunddreißig Jahren eigentlich nicht weniger und nicht mehr als ein einziger langer Urlaub gewesen ist, mit drei Monaten Gekritzel in jedem Jahr, das andere Leute mit dem großartigen Namen »Arbeit« beehrten, das in meinen Augen aber ganz und gar nicht Arbeit war, sondern lediglich Spiel, köstliches Spiel und nie das Resultat von Zwang oder Gewissensbissen, sondern immer nur eines starken Wunsches, mich zu zerstreuen.

In den vergangenen ein, zwei Monaten hat sich vieles zugetragen, worüber ich sprechen wollte, aber das ist Schnee von gestern – lassen wir’s. Am 6. dieses Monats half ich bei der Eröffnung des Jahrmarkts für den Actors’ Fund. Für diesen Schauspielerfonds sammelten wir fünfundsiebzigtausend Dollar. Auf Mr. Rogers’ Yacht, der Kanawha, fuhr ich nach Jamestown und besuchte dort die Eröffnung der Weltausstellung. Es folgten zwei oder drei Nebeltage, und Mr. Rogers und alle Gäste mit Ausnahme von Mr. Broughton und mir waren des Wartens müde und fuhren mit der Bahn nach Hause, wir aber warteten ein paar Tage; dann hob sich nachts der Nebel für einen Moment, und wir stachen in See und gelangten ohne Schwierigkeiten bis nach New York, obwohl die Zeitungen behaupteten, das Schiff sei auf den Meeresgrund gesunken und habe uns mit hinabgezogen.

Unterdessen bin ich von der Oxford University eingeladen worden, am 26. Juni die Ehrendoktorwürde entgegenzunehmen, zu welchem Behufe ich mich am 8. einschiffen werde. Ich habe nicht zu verbergen gesucht, dass ich mir auf diese Auszeichnung etwas einbilde. Manchmal fangen sie einen berühmten Amerikaner ein, der in eigenen Angelegenheiten zur englischen Küste gereist ist, und Oxford verklärt ihn mit einer akademischen Würde, ich aber bin einer der wenigen, den sie eigens von jenseits des Ozeans kommen lassen.

Ich mag Komplimente, Lobpreisungen, Schmeicheleien; all das genieße ich von Herzen und bin betrübt und enttäuscht, wenn etwas eintrifft, was ich »unfruchtbare Post« nenne – Post, die keinerlei Komplimente enthält. Ich bin stets auf der Suche, plausible Begründungen dafür zu finden, solche Huldigungen in diese Autobiographie zu übernehmen, doch um den Preis erheblicher Qualen verzichte ich darauf. Heute jedoch beabsichtige ich, gegen die Regel zu verstoßen, denn gestern brachte mir die Post ein schmeichelhaftes Gedicht aus Texas, das so schön, so aufrichtig und – wie ich hoffe sagen zu dürfen – so liebevoll ist, dass ich es leben lassen möchte und mich weigere, es zu unterdrücken. Es stammt von einem Richter.

Für Mark Twain

Als Lohn für unsern Eintritt in die Welt

Wolln Höhen wir erklimmen, Ruhm erringen;

Auf unserm Marsch fülln wir die launische Erde

Mit Mälern, die von Schmerz und Freude singen,

Dass an Verlust, Gewinn erinnert werde,

Ob Selbstsucht nun, ob Liebe uns bestimmt.

Nur wenige, die Höheres erreichen:

Des Lebens Sieg, wenn Tage still verstreichen,

Mehr Licht erstrahlt, gelassne Hoffnung glimmt.

Doch du hast eignes Ansehen dir erworben,

Nicht antastbar von Tadel oder Neid;

Und eine Leidenschaft allein, die Liebe,

Verleiht dem Namen Twain Unsterblichkeit,

Der ohne diesen Ruf doch sterblich bliebe,

Denn du bringst uns die Kunde, dass auf Erden

Wir Furcht und Hoffnung teilen und Beschwerden;

Und dass nur dem Mann früh schon nichts misslingt,

Der Mühsal stets mit Heiterkeit bezwingt.

Dein lebenslanger sonniger Humor

Setzt manchen trüben Geist von Trübsinn frei,

Macht ihm zu edlerm, besserm Streben Mut,

Trotz aller Menschen Schuld und Narretei.

Bist Humorist und Philosoph in einem,

Zu dem die Stimme Gottes spricht: »Sehr gut!«

Bei dir kann selbst das Elend Tröstung finden,

Denn du hilfst alle Trauer überwinden,

Tust allen Menschen Gutes – Böses keinem.

Die Welt ist fröhlicher, seit du geboren:

Was du uns schenkst, ist nie gehüllt in Sorgen,

Beperlt mit Lachen ist’s, so wie der Morgen

Mit Tau dem frühen Tagesglanz begegnet;

Solang du bei uns weilst, wolln wir dir zeigen,

Wie sehr aus jeder warmen, regen Brust

Sich Innigkeit und Liebe vor dir neigen.

Wenn dies ein Segen ist, bist du gesegnet,

Dich Gast zu heißen ist uns eine Lust.

John A. Kirlicks

Diktiert am Donnerstag, 23. Mai 1907


Der Doctor of Letters, der Mr. Clemens am 26. Juni verliehen werden soll, sowie einige andere akademische Würden, die er erhalten hat

Vor drei Wochen traf aus England ein Überseetelegramm ein, mit dem ich eingeladen wurde, nach Oxford zu kommen und am 26. nächsten Monats die Ehrendoktorwürde entgegenzunehmen. Natürlich akzeptierte ich, ohne Zeit zu vergeuden. In den letzten beiden Jahren habe ich immer wieder mit großer Entschiedenheit beteuert, meine Tage als Reisender seien für immer vorbei und nichts könne mich dazu bewegen, noch einmal den Ozean zu überqueren, dennoch war ich von der Bereitwilligkeit, mit der ich diesen Vorsatz beiseiteschob, als die schmeichelhafte Einladung kam, nicht weiter überrascht. Eine Einladung, hinüberzufahren und ein Baugrundstück in London entgegenzunehmen, hätte ich ablehnen können, und zwar mühelos, eine akademische Würde jedoch ist eine ganz andere Sache; es ist eine Auszeichnung, für die ich jederzeit weite Wege in Kauf nehmen würde. An einer neuen akademischen Würde habe ich die gleiche kindliche Freude wie ein Indianer an einem frischen Skalp, und ich strenge mich nicht mehr an, meine Freude zu verbergen, als der Indianer. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich als Knabe einmal einen abgenutzten alten Cent auf der Straße fand und mir klar wurde, dass sich sein Wert, da ich ihn mir nicht selbst verdient hatte, für mich enorm steigerte. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich, zehn Jahre später, in Keokuk einen Fünfzig-Dollar-Schein auf der Straße fand und sich der Wert auch dieses Scheins für mich enorm steigerte dank der Überlegung, dass ich ihn mir nicht selbst verdient hatte. Ich kann mich noch daran erinnern, wie ich in San Francisco, nach einem weiteren Intervall von acht Jahren, als ich drei Monate...

Erscheint lt. Verlag 20.11.2017
Übersetzer Hans-Christian Oeser, Andreas Mahler
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Briefe / Tagebücher
Schlagworte 19. Jahrhundert • 20. Jahrhundert • Amerika • Autobiographie • Bekenntnisse • Beststeller • Casanova • Humorist • Klassiker • Mark Twain • Memoiren • Rousseaus • Samuel Pepys • Tagebücher • Twain • Wiederentdeckung
ISBN-10 3-8412-1397-9 / 3841213979
ISBN-13 978-3-8412-1397-6 / 9783841213976
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