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New York 2140 (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2018
816 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-21658-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

New York 2140 - Kim Stanley Robinson
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New York, einhundert Jahre später. Der Meeresspiegel ist angestiegen, und die Straßen des Big Apple haben sich in Kanäle verwandelt und aus den einstigen Wolkenkratzern sind hoch aufragende Inseln geworden. Aber noch hat New York sich nicht aufgegeben. In einem Haus treffen so unterschiedliche wie ergreifende Schicksale aufeinander - Schicksale, die von der Zukunft nach dem Ökokollaps erzählen. Da ist zum Beispiel ein nimmermüder Detektiv, und da ist das Internet-Sternchen. Auf dem Dach leben die Coder. Ihr Verschwinden setzt schließlich eine Kette von Ereignissen in Gang, die das Leben aller New Yorker für immer beeinflussen werden.

Kim Stanley Robinson wurde 1952 in Illinois geboren, studierte Literatur an der University of California in San Diego und promovierte über die Romane von Philip K. Dick. Mitte der Siebzigerjahre veröffentlichte er seine ersten Science-Fiction-Kurzgeschichten, 1984 seinen ersten Roman. 1992 erschien mit Roter Mars der Auftakt der Mars-Trilogie, die ihn weltberühmt machte und für die er mit dem Hugo, dem Nebula und dem Locus Award ausgezeichnet wurde. In seinem Roman 2312 erkundet er die verschiedenen Gesellschaftsformen, die die Menschheit nach ihrem Aufbruch ins Sonnensystem erschafft. Zuletzt sind bei Heyne seine Romane New York 2140, der in einem vom Klimawandel gezeichneten New York der nahen Zukunft spielt, und sein Bestseller Das Ministerium für die Zukunft erschienen. Kim Stanley Robinson lebt mit seiner Familie in Davis, Kalifornien.

a) MUTT UND JEFF

»Wer den Code schreibt, schafft den Wert.«

»Das ist nicht mal ansatzweise wahr.«

»Doch, das ist es. Der Wert wohnt dem Leben inne, und das Leben ist Code, wie bei der DNA

»Also haben Bakterien Werte?«

»Klar. Alles Leben will etwas und jagt ihm nach. Viren, Bakterien, bis hin zu uns.«

»Wo wir gerade davon reden, du bist wieder mal mit Kloputzen dran.«

»Ich weiß. Leben bedeutet Tod.«

»Also heute?«

»Irgendwann auch heute. Aber zurück zu dem, worauf ich hinauswill. Wir schreiben Code. Und ohne unseren Code gibt es keine Computer, keine Finanzen, keine Banken, kein Geld, keinen Tauschwert, keinen Wert.«

»Bei allen Punkten – bis auf den letzten – verstehe ich, was du meinst. Und weiter?«

»Hast du heute die Nachrichten gelesen?«

»Natürlich nicht.«

»Solltest du aber. Es gibt schlimme Neuigkeiten. Wir werden aufgefressen.«

»Das kann man immer sagen. Wie du schon sagtest, Leben bedeutet Tod.«

»Aber es ist schlimmer denn je. Es geht zu weit. Inzwischen nagen sie an unseren Knochen.«

»Das weiß ich auch. Deshalb leben wir ja in einem Zelt auf einem Dach.«

»Genau. Und jetzt machen sich die Leute sogar wegen des Essens Gedanken.«

»Das sollten sie auch. Das ist der eigentliche Wert – Essen im Bauch. Weil man Geld nämlich nicht essen kann.«

»Das sage ich doch!«

»Ich dachte, du hättest gesagt, der Code wäre der wahre Wert. Ist wohl auch kein Wunder, dass das gerade ein Programmierer sagt.«

»Mutt, pass auf. Hör mir mal genau zu. Wir leben in einer Welt, in der die Menschen so tun, als könnte man sich für Geld alles kaufen. Also dreht sich alles ums Geld, also arbeiten wir alle für Geld. Geld wird als Wert betrachtet.«

»Okay, verstehe. Wir sind pleite, das hab ich kapiert.«

»Gut, dann hör weiter zu. Wir leben, indem wir uns für Geld Sachen kaufen, auf einem Markt, der die Preise festlegt.«

»Die unsichtbare Hand.«

»Genau. Verkäufer bieten etwas an, Käufer kaufen es, und durch das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage wird der Preis festgelegt. Das ist Crowdsourcing, das ist demokratisch, das ist Kapitalismus, das ist der Markt.«

»Ja, so läuft das eben.«

»Genau. Und es ist immer und seit jeher falsch.«

»Was meinst du mit falsch?«

»Die Preise sind immer zu niedrig, und deshalb geht die Welt vor die Hunde. Wir erleben gerade ein Massenaussterben, der Meeresspiegel steigt, das Klima verändert sich, das Essen wird knapp – all das Zeug, das nicht in den Nachrichten kommt.«

»Und alles wegen dem Markt.«

»So ist es! Und das sind keine Fehler im Marktgeschehen. Der Markt selbst ist der Fehler.«

»Wie das?«

»Dinge werden zu einem geringeren Preis verkauft, als ihre Herstellung kostet.«

»Klingt wie der Weg in die sichere Pleite.«

»Ja, und ein Haufen Geschäfte macht auch pleite. Aber diejenigen, die nicht Pleite machen, haben ihren Kram nicht etwa für mehr verkauft, als seine Herstellung kostet. Sie haben nur einen Teil der Kosten ignoriert. Sie stehen unter riesigem Druck, zu einem so geringen Preis wie möglich zu verkaufen, weil jeder Käufer die billigste Version von dem Zeug kauft, um das es gerade geht. Also sorgen sie dafür, dass ein Teil der Produktionskosten nicht bei ihnen zu Buche schlägt.«

»Können sie nicht einfach schlechter für die Arbeit bezahlen?«

»Das haben sie ja schon gemacht! Das war einfach. Deshalb sind alle bis auf die Plutokraten pleite.«

»Ich sehe immer diesen Disney-Hund vor mir, wenn du das sagst.«

»Sie pressen uns aus, bis uns das Blut aus den Augen läuft. Ich halte das nicht mehr aus.«

»Blut aus einem Stein. Sir Plutokrat, der auf einem Knochen rumkaut.«

»Der auf meinem Kopf rumkaut! Aber jetzt sind wir aufgekaut. Wir sind leer gepresst. Wir haben einen Bruchteil der tatsächlichen Herstellungskosten für unseren Kram bezahlt, und der Planet und die Arbeiter, die das Zeug herstellen, bekommen die Kosten ab, und zwar volle Kanne.«

»Aber dafür haben sie auch einen billigen Fernseher gekriegt.«

»Stimmt, damit sie sich was Interessantes ansehen können, während sie pleite herumsitzen.«

»Nur dass nichts Interessantes kommt.«

»Nun, das ist ihr geringstes Problem. Ich meine, genau genommen findet man sogar was Interessantes im Fernsehen.«

»Also, das sehe ich anders. Wir haben alles doch schon eine Million Mal gesehen.«

»Kann sein. Ich sage nur, dass schlechtes Fernsehen nicht unsere größte Sorge ist. Artensterben, Hunger, das kaputte Leben unserer Kinder, das sind alles größere Sorgen. Und es wird immer schlimmer. Das Leid der Menschen nimmt ständig zu. Wenn das so weitergeht, explodiert mir bald der Kopf, das schwöre ich dir.«

»Du regst dich nur auf, weil man uns rausgeschmissen hat und wir jetzt in einem Zelt auf einem Dach leben.«

»Aber das ist nicht alles! Das ist nur ein kleiner Teil von etwas Größerem.«

»Okay, das gebe ich zu. Und was nun?«

»Also pass auf, das Problem ist der Kapitalismus. Wir haben gute Technologie, wir haben einen tollen Planeten – und mit unseren dummen Gesetzen machen wir alles kaputt. Das ist der Kapitalismus, eine Reihe dummer Gesetze.«

»Sagen wir mal, dass ich dir da auch Recht gebe. Was können wir dagegen machen?«

»Es ist ein Regelwerk! Und zwar ein globales! Es umfasst die ganze Erde, man kann ihm nicht entkommen, wir sind alle Teil davon, und man kann machen, was man will, das System dankt nicht ab!«

»Da fehlt mir der Was-können-wir-machen-Teil.«

»Denk doch mal nach! Die Regeln sind Codes! Und sie befinden sich in Computern und in der Cloud. Es gibt sechzehn Gesetze, die den Lauf der ganzen Welt steuern.«

»Das kommt mir zu wenig vor. Zu wenig – oder zu viel.«

»Nein. Natürlich gibt es viele verschiedene Ausformulierungen, aber letztlich haben wir es mit sechzehn grundlegenden Gesetzen zu tun. Ich habe das analysiert.«

»Wie immer. Aber das sind trotzdem zu viele. Ich hab noch nie von den sechzehn sonstwas gehört. Es gibt acht edle Wahrheiten oder die beiden bösen Stiefschwestern. Höchstens gibt’s mal zwölf von was, zum Beispiel bei Genesungsstadien oder bei den Aposteln. Aber normalerweise sind es immer einstellige Zahlen.«

»Jetzt lass das mal. Es sind sechzehn Gesetze, verteilt auf die Welthandelsorganisation und die G20. Finanztransaktionen, Währungswechselkurse, Handelsrecht, Körperschaftsrecht, Steuerrecht. Überall gleich.«

»Ich glaube nach wie vor, dass sechzehn entweder zu viel oder zu wenig sind.«

»Ich sage dir, es sind sechzehn. Und sie sind codiert. Und man kann sie ändern, indem man den Code ändert. Was ich sage, ist: Diese sechzehn Gesetze zu verändern ist so, als würde man einen Schlüssel in einem großen Schloss drehen. Der Schlüssel dreht sich, und mit einem Mal hat man kein schlechtes System mehr, sondern ein gutes. Es hilft den Menschen, es fordert die denkbar saubersten Technologien ein, es stellt Landschaften wieder her, das Artensterben hat ein Ende. Es ist global, Abtrünnige können sich ihm also nicht entziehen. Schlechtes Geld wird zu Staub, und das Gleiche gilt für schlechtes Handeln. Niemand könnte schummeln. Die Leute würden dazu gezwungen, gut zu sein.«

»Jeff, bitte. Du machst mir Angst.«

»Ich sag ja nur. Außerdem, was kann einem denn mehr Angst machen als der jetzige Zustand?«

»Ein Wandel? Ich weiß nicht.«

»Warum sollte Wandel einem Angst machen? Du kannst nicht mal die Nachrichten lesen, stimmt’s? Weil sie einem eine Scheißangst machen!«

»Tja, außerdem habe ich keine Zeit dafür.«

Jeff lacht, bis ihm die Stirn auf den Tisch sinkt. Mutt lacht auch, weil sein Freund das so lustig findet. Aber ihre Heiterkeit ist örtlich sehr begrenzt. Sie sind zusammen, sie heitern einander auf, sie arbeiten hart, schreiben Programme für die Hochfrequenz-Börsencomputer in Uptown. Und nun, nach ein paar Rückschlägen, verbringen sie die Nächte in einem Hotello auf der zur Straße hin offenen Farmetage des alten Met Life Tower. Von hier aus liegt das überflutete Lower Manhattan wie ein Supervenedig zu ihren Füßen, ehrfurchtgebietend, wasserglitzernd, großartig. Ihre Stadt.

Jeff sagt: »Also hör zu. Wir wissen, wie man in die Systeme reinkommt, wir wissen, wie man programmiert, wir sind die besten Programmierer der Welt.«

»Oder zumindest die...

Erscheint lt. Verlag 14.5.2018
Übersetzer Jakob Schmidt
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel New York 2140
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte Aurora • diezukunft.de • eBooks • Globale Erwärmung • Kim Stanley Robinson • Kurd Laßwitz Preis 2019 • Mars-Trilogie • New York • Science-Fiction-Epos • Zukunftsroman
ISBN-10 3-641-21658-3 / 3641216583
ISBN-13 978-3-641-21658-0 / 9783641216580
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