Mord auf dem Golfplatz (eBook)
256 Seiten
Atlantik Verlag
978-3-455-17089-4 (ISBN)
Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.
Agatha Christie begründete den modernen britischen Kriminalroman und avancierte im Laufe ihres Lebens zur bekanntesten Krimiautorin aller Zeiten. Ihre beliebten Helden Hercule Poirot und Miss Marple sind - auch durch die Verfilmungen - einem Millionenpublikum bekannt. 1971 wurde sie in den Adelsstand erhoben. Agatha Christie starb 1976 im Alter von 85 Jahren.
Cover
Titelseite
Für meinen Mann, [...]
1 Eine Reisegefährtin
2 Ein Hilferuf
3 In der Villa Geneviève
4 Der mit »Bella« unterschriebene Brief
5 Madame Renaulds Geschichte
6 Der Tatort
7 Die mysteriöse Madame Daubreuil
8 Eine unerwartete Begegnung
9 Monsieur Giraud stößt auf Indizien
10 Gabriel Stonor
11 Jack Renauld
12 Poirot stellt gewisse Punkte klar
13 Das Mädchen mit den ängstlichen Augen
14 Der zweite Leichnam
15 Ein Foto
16 Der Fall Beroldy
17 Wir ermitteln weiter
18 Giraud handelt
19 Ich aktiviere meine grauen Zellen
20 Eine verblüffende Aussage
21 Hercule Poirot über den Fall
22 Ich finde Liebe
23 Probleme zeichnen sich ab
24 »Retten Sie ihn!«
25 Ein unerwartetes Dénouement
26 Ich bekomme einen Brief
27 Jack Renaulds Geschichte
28 Am Ziel
Über Agatha Christie
Impressum
Skipper-Books
2 Ein Hilferuf
Am folgenden Morgen betrat ich um fünf nach neun unser gemeinsames Wohnzimmer, um zu frühstücken. Mein Freund Poirot, pünktlich wie immer, klopfte gerade die Schale seines zweiten Eis auf. Er strahlte mich an.
»Sie haben gut geschlafen, ja? Sie haben sich von der entsetzlichen Überfahrt erholt? Es ist ein Wunder, heute Morgen sind Sie fast pünktlich. Pardon, aber Ihre Krawatte hängt schief. Bitte, lassen Sie mich sie gerade rücken.«
Ich habe Hercule Poirot schon an anderer Stelle beschrieben. Ein außergewöhnlicher kleiner Mann! Einen Meter zweiundsechzig groß; mit leicht schräg gehaltenem eierförmigem Kopf; Augen, die grün leuchten, wenn er in Erregung gerät; ein steifer militärischer Schnurrbart und eine Ausstrahlung von immenser Würde. Immer sah er adrett und elegant aus. Er brachte überhaupt jeglicher Ordnung ein leidenschaftliches Interesse entgegen. Ein schiefstehender Ziergegenstand, ein paar Staubkörner, eine kleine Nachlässigkeit in der Kleidung, das alles bedeutete für den kleinen Mann wahrhafte Folter, solange er die Sache nicht geraderücken konnte. Seine Gottheiten hießen »Ordnung« und »Methode«. Er brachte greifbaren Indizien wie Fußspuren oder Zigarettenasche eine gewisse Verachtung entgegen und erklärte immer wieder, solche Fundstücke allein könnten einen Detektiv niemals zur Lösung eines Falls befähigen. Hatte er das gesagt, tippte er sich mit absurder Selbstzufriedenheit an seinen Eierkopf und bemerkte mit tiefer Befriedigung:
»Die wirkliche Arbeit geschieht im Kopf. Die kleinen grauen Zellen – vergessen Sie niemals die kleinen grauen Zellen, mon ami.«
Ich nahm Platz und bemerkte als Antwort auf Poirots Begrüßung lässig, die einstündige Überfahrt von Calais nach Dover habe wohl kaum die Bezeichnung »entsetzlich« verdient.
»Irgendwelche interessante Post?«, fragte ich dann.
Mit unzufriedener Miene schüttelte Poirot den Kopf.
»Ich habe meine Briefe noch nicht gelesen, aber heutzutage kommt einfach keine interessante Post mehr. Die großen Kriminellen, die Kriminellen, die mit Methode arbeiten, die gibt es nicht mehr.«
Er schüttelte traurig den Kopf, und ich brüllte vor Lachen.
»Kopf hoch, Poirot, das wird sich auch wieder ändern. Lesen Sie Ihre Briefe! Sie können doch nicht ahnen, ob nicht schon ein großer Fall am Horizont heraufzieht.«
Poirot lächelte, griff zu seinem eleganten kleinen Brieföffner und schlitzte mehrere Briefumschläge auf, die neben seinem Teller gelegen hatten.
»Eine Rechnung. Noch eine Rechnung. Ich werde wirklich extravagant auf meine alten Tage. Aha! Eine Mitteilung von Japp.«
»Ach?« Ich spitzte die Ohren. Inspektor Japp von Scotland Yard hatte uns mehr als einmal auf interessante Fälle aufmerksam gemacht.
»Er will sich nur auf seine Weise für eine Kleinigkeit in dieser Geschichte in Aberystwyth bedanken, bei der ich ihn auf den richtigen Weg gebracht habe. Ich bin entzückt, ihm zu Diensten gewesen zu sein.«
Mit gelassener Miene las Poirot seine restliche Korrespondenz.
»Die hiesigen Pfadfinder möchten, dass ich bei ihnen einen Vortrag halte. Die Gräfin von Forfanock würde sich über meinen Besuch freuen. Zweifellos geht es wieder um einen Schoßhund! Und hier ist der letzte Brief. Ah!«
Ich schaute auf, denn sein Tonfall hatte sich geändert. Poirot war in seinen Brief vertieft. Gleich darauf hielt er mir den Bogen hin.
»Außergewöhnlich, mon ami. Lesen Sie selbst!«
Eine kühne, eigenwillige Handschrift auf einer Sorte Papier, wie sie in England nicht verwendet wurde.
Villa Geneviève
Merlinville-sur-Mer
Frankreich
Sehr geehrter Herr,
aus Gründen, auf die ich später noch eingehen werde, benötige ich die Dienste eines Detektivs, möchte jedoch nicht zur Polizei gehen. Ich habe von verschiedenen Seiten von Ihnen gehört und dabei den Eindruck gewonnen, dass Sie nicht nur ein äußerst fähiger, sondern auch ein sehr diskreter Mann sind. Ich möchte der Post keine Einzelheiten anvertrauen, aber da ich ein Geheimnis kenne, fürchte ich jeden Tag um mein Leben. Ich bin davon überzeugt, dass mir jederzeit Gefahr drohen kann, und deshalb bitte ich Sie, so bald wie möglich nach Frankreich zu kommen. Wenn Sie mir Ihre Ankunft mitteilen, werde ich Sie in Calais abholen lassen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie alle anderen Fälle aufschieben und sich ganz und gar meinen Interessen widmen könnten. Ich werde jegliche Entschädigungssumme zahlen. Vermutlich werde ich Ihre Dienste für einige Zeit in Anspruch nehmen müssen; möglicherweise müssen Sie sich nach Santiago begeben, wo ich mehrere Jahre meines Lebens verbracht habe. Ich bitte Sie, mir Ihre Honorarvorstellungen zu nennen.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Sache keinen Aufschub duldet.
Mit vorzüglicher Hochachtung,
P.T. Renauld
Unter der Unterschrift befand sich noch eine eilig hingekritzelte, kaum zu entziffernde Zeile: »Um Himmels willen, kommen Sie!«
Mein Puls ging schneller, als ich Poirot den Brief zurückgab.
»Endlich!«, sagte ich. »Das ist nun wirklich sehr außergewöhnlich!«
»In der Tat«, erwiderte Poirot nachdenklich.
»Sie fahren natürlich hin«, sagte ich.
Poirot nickte. Er war in Gedanken versunken. Endlich schien er einen Entschluss gefasst zu haben und schaute auf die Uhr. Er machte ein sehr ernstes Gesicht.
»Sehen Sie, mein Freund, wir haben keine Zeit zu verlieren. Der nächste Zug fährt um elf von Victoria ab. Aber bleiben Sie ganz ruhig. Wir brauchen nicht zu hetzen. Gönnen wir uns zehn Minuten, um die Sache zu besprechen. Sie begleiten mich, n’est-ce pas?«
»Also …«
»Sie haben mir selbst erzählt, dass Ihr Arbeitgeber Sie in den nächsten beiden Wochen nicht braucht.«
»Ja, das stimmt. Aber dieser Mr Renauld betont doch immer wieder, dass er die Sache geheim halten möchte.«
»Ta-ta-ta! Mit Monsieur Renauld werde ich schon fertig. Der Name kommt mir übrigens bekannt vor.«
»Es gibt einen bekannten südamerikanischen Millionär, der Renauld heißt. Allerdings weiß ich nicht, ob das derselbe sein kann.«
»Aber zweifellos. Das erklärt, warum er Santiago erwähnt. Santiago liegt in Chile, und Chile liegt in Südamerika. Ah, wir machen schon Fortschritte. Sie haben doch das PS gesehen? Was haben Sie davon für einen Eindruck?«
Ich dachte nach.
»Als er den Brief schrieb, hatte er sich offenbar unter Kontrolle, aber diese Selbstdisziplin konnte er doch nicht ganz durchhalten, und aus einem Impuls heraus hat er diese verzweifelten fünf Wörter hingekritzelt.«
Doch mein Freund schüttelte energisch den Kopf.
»Sie irren sich. Sehen Sie nicht, dass die Tinte der Unterschrift fast schwarz, die des PS dagegen ziemlich bleich ist?«
»Und?«, fragte ich verwirrt.
»Mon Dieu, mon ami, nutzen Sie doch Ihre kleinen grauen Zellen! Liegt es nicht auf der Hand? Monsieur Renauld hat diesen Brief geschrieben. Er hat kein Löschblatt benutzt, sondern ihn noch einmal in aller Ruhe gelesen. Danach, nicht aus einem Impuls heraus, sondern ganz bewusst, hat er den Nachsatz hinzugefügt und dann zum Löschpapier gegriffen.«
»Aber warum?«
»Parbleu! Damit es genau den Eindruck erweckt, den Sie hatten.«
»Was?«
»Mais oui! Er wollte sichergehen, dass ich komme! Er hat seinen Brief noch einmal gelesen und war nicht zufrieden. Es war nicht dringlich genug!«
Er verstummte und fügte dann, während aus seinen Augen das grüne Licht leuchtete, das immer innere Erregung anzeigte, hinzu:
»Und deshalb, mon ami, weil er das PS nicht aus einem Impuls heraus, sondern ganz kaltblütig hinzugefügt hat, ist die Sache sehr dringend, und wir müssen so schnell wie möglich zu ihm fahren.«
»Merlinville«, murmelte ich nachdenklich. »Das habe ich schon einmal gehört, glaube ich.«
Poirot nickte.
»Es ist ein ziemlich kleiner Ort – aber schick! Liegt auf halber Strecke zwischen Boulogne und Calais. Monsieur Renauld hat auch in England ein Haus, nehme ich an?«
»Ja, am Rutland Gate, wenn ich mich richtig erinnere. Außerdem hat er einen großen Landsitz, irgendwo in Hertfordshire. Aber ich weiß sehr wenig über ihn, er führt kein besonders geselliges Leben. Er macht wohl gute Geschäfte mit Südamerika und hat bisher vor allem in Chile und Argentinien gelebt.«
»Na, das wird er uns alles selber erzählen. Kommen Sie, lassen Sie uns packen. Jeder einen kleinen Koffer, dann nehmen wir ein Taxi zur Victoria Station.«
Um elf Uhr verließen wir die Victoria Station in Richtung Dover. Vor unserer Abreise hatte Poirot noch ein Telegramm aufgegeben, um Mr Renauld unsere Ankunftszeit mitzuteilen.
»Es überrascht mich, dass Sie ohne ein Mittelchen gegen Seekrankheit auskommen, Poirot«, bemerkte ich boshaft beim Gedanken an unser Frühstücksgespräch.
Mein Freund, der besorgt das Wetter in Augenschein nahm, sah mich missbilligend an.
»Haben Sie denn tatsächlich die exzellente Methode von Laverguier vergessen? Ich halte mich stets an sein System. Vielleicht erinnern Sie sich, dabei hält man die Balance, indem man den Kopf von links nach rechts wendet, ein- und ausatmet und zwischen jedem Atemzug bis sechs zählt.«
»Hm«, sagte ich zögernd. »Ziemlich anstrengend, die Balance zu halten und bis sechs zu zählen, bis man Santiago, Buenos Aires oder irgendeinen anderen Hafen...
Erscheint lt. Verlag | 16.4.2016 |
---|---|
Reihe/Serie | Hercule Poirot |
Übersetzer | Gabriele Haefs |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Cosy Mystery • Detektiv • Ermittler • Frankreich • Hercule Poirot • Kommissar • Krimi • Kriminalroman • Krimiserie • London • Polizei • Polizist • Privatdetektiv • Spannungsroman • Verbrechen |
ISBN-10 | 3-455-17089-7 / 3455170897 |
ISBN-13 | 978-3-455-17089-4 / 9783455170894 |
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