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Der deutsche Adel (eBook)

Lebensformen und Geschichte
eBook Download: PDF | EPUB
2014 | 1. Auflage
128 Seiten
Verlag C.H.Beck
978-3-406-66705-3 (ISBN)
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«Adel verpflichtet»- so heißt es auch heute noch. Die Autorin und der Autor dieses Bandes, beide Neuzeithistoriker in München, gliedern ihr Thema in vier grundlegende Fragestellungen: Was ist überhaupt «deutscher Adel»? Welche Vorrechte nahm der Adel für sich in Anspruch, wie sicherte er sie ökonomisch ab, und wie verlieh er ihnen Ausdruck? Welche Vorstellungen von Familie, Erziehung und Lebensstil lagen der Lebensführung und dem Selbstverständnis des Adels zugrunde? Das vierte und umfangreichste Kapitel gibt schließlich einen Überblick über die zentralen historischen Herausforderungen der deutschen Adelsgeschichte von der «Adelskrise» des Spätmittelalters bis zur deutschen Wiedervereinigung. Dabei kommt auch die Rolle des Adels in der Gegenwart nicht zu kurz.

Walter Demel ist seit 1989 Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität der Bundeswehr München. Sylvia Schraut ist seit 2005 Professorin für Deutsche und Europäische Geschichte im 19.und 20.Jahrhundert an der Universität der Bundeswehr München.

Walter Demel ist seit 1989 Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Universität der Bundeswehr München. Sylvia Schraut ist seit 2005 Professorin für Deutsche und Europäische Geschichte im 19.und 20.Jahrhundert an der Universität der Bundeswehr München.

Cover 1
Titel 3
Impressum 4
Inhalt 5
Vorwort 7
I. Was ist «deutscher Adel»? 9
1. Was ist «Adel»? 9
2. Was kann «deutscher Adel» bedeuten? 16
3. Adelsgesellschaften und Adelslandschaften 21
II. Privilegien, Berufswege und Vermögen 28
1. «Adelsehre» und adelige Privilegien 28
2. Herrschaftsrechte 31
3. Berufsmöglichkeiten und Berufswahl 36
4. Vermögens- und Einkommensverhältnisse 44
III. Statussicherung und Distinktion 50
1. Adelige Familien 50
2. Adelige Erziehung und Ausbildung 56
3. Heiratsstrategien 63
4. Lebensräume und Lebensstile 69
IV. Historische Herausforderungen 77
1. Die «Adelskrise» des Spätmittelalters 77
2. Reformation und Bauernkrieg 84
3. Frühneuzeitlicher Hof und Bürokratisierung 90
4. Französische Revolution und Reichsende 93
5. Die Revolution von 1848/49 96
6. Das Wilhelminische Kaiserreich 101
7. Die Revolution von 1918 und die Weimarer Republik 108
8. Das Dritte Reich 114
9. Der Adel im geteilten Deutschland (1945–1990) 120
Literaturauswahl 127
Bildnachweis 128

1. Was ist «deutscher Adel»?


1. Was ist «Adel»?


Das deutsche Wort «Adel» geht auf das althochdeutsche «adal» zurück, das (vornehme) Herkunft bzw. (edles) Geschlecht bedeutet und mit Begriffen verbunden ist, die auf Herrschaft über ererbten bebaubaren Grund und Boden verweisen. Damit sind zwei zentrale Faktoren benannt: Landeigentum und, damit verbunden, Rechte gegenüber Bauern (im weitesten Sinne) sowie die Selbst- und Fremdwahrnehmung als erbliche Elite von «Edlen» im Vergleich zum (all-)«gemeinen» Volk.

Zum Begriff der Herkunft vorab eine genealogische Überlegung: Die Chance, mit Karl dem Großen verwandt zu sein, ist nicht so gering, wie man meinen möchte. Jeder hat bekanntlich zwei Eltern, vier Großeltern, acht Urgroßeltern usw., also 2x für jede Generation an Vorfahren. Karl lebte vor rund 1200 Jahren, großzügig gesagt: vor 40 Generationen. 103 (1000) ist etwas weniger als 210 (1024), 240 also einiges mehr als 1012 = 1Trillion. Ganz schön viele (theoretische) Vorfahren dafür, dass um 800 n. Chr. vielleicht gerade einmal 300 Millionen Menschen auf der ganzen Welt lebten! Der «Ahnenverlust» erklärt sich dadurch, dass immer wieder Leute Kinder bekamen, die einen bzw. mehrere – mehr oder minder entfernte – Vorfahren gemeinsam hatten. Gerade in hochadeligen Familien, die oft untereinander heirateten, wirkte sich dieser Verlust besonders stark aus. Da Karl der Große mehrere Ehefrauen und eine ganze Reihe Kinder hatte, stehen die Chancen also gar nicht schlecht, Karl unter die eigenen Vorfahren zählen zu können – sofern man Mittel- oder Westeuropäer, nicht aber z.B. Japaner ist.

Wenn etwa die frühneuzeitlichen Habsburger behaupteten, von diesem Kaiser abzustammen, meinten sie allerdings damit eine Abstammung in direkter männlicher Linie. Das ist in ihrem Falle nicht völlig auszuschließen, weil die Habsburger, im oberelsässisch-aargauischen Raum schon im 10./11. Jahrhundert nachweisbar, wahrscheinlich von Anfang an hochadelige Verwandtschaft besaßen. Aber selbst bei ihnen ist diese Herkunft nicht wirklich nachzuweisen, weil eben einfach die einschlägigen Quellen fehlen – und die Masse heutiger Adeliger, die, patrilinear betrachtet, irgendwann aus der Leibeigenschaft hervorging, dürfte in diesem Sinne mit Karl nicht besonders direkt verwandt sein.

Im Übrigen starben die Habsburger in männlicher Linie bekanntlich mit Kaiser Karl VI. 1740 aus. Die heutigen Familienmitglieder sind, streng nach der traditionellen Genealogie, Lothringer. Nicht zuletzt der überragenden Persönlichkeit der mit einem lothringischen Herzog verheirateten Kaisertochter Maria Theresia ist es geschuldet, dass sich die Familie weiter als Habsburger (bzw. zumindest als Habsburg-Lothringer) bezeichnen konnte. Denn wenn vom «Aussterben» eines Adelsgeschlechts die Rede ist, meint dies in der Regel, dass es keine männlichen Nachkommen mehr gab, die den Familiennamen hätten weiter tragen können, während sonstige Rechte und Ansprüche über die Töchter vererbt wurden. Dieser Fall trat häufig ein. Angenommen, eine gerade nobilitierte Familie hatte zwei Kinder. Dann lag die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei um zwei Mädchen handelte, bei ca. 25 %. Starben die Töchter oder heirateten sie, ging der neue Adelsname nach dem Tod der Eltern schon wieder verloren. Aber nicht nur Familien[namen] verschwanden; vom 16. bis zum 20. Jahrhundert ging auch der adelige Bevölkerungsanteil in Mitteleuropa vermutlich ziemlich kontinuierlich zurück, nämlich von geschätzten 1,5 % auf höchstens 0,2 %.

Wer war adelig, und wie konnte der oder die Betreffende das beweisen? Hier ist zwischen einer informell-sozialen und einer – bis 1919 zunehmend wichtigeren – juristisch-gouvernementalen Perspektive zu unterscheiden, die im Einzelfall nicht unbedingt zum selben Ergebnis führen mussten. Schon im Frühmittelalter gab es («hochadelige») Geschlechter, die Herrschaft ausübten, untereinander heirateten und einen vagen Ahnenstolz teilten. Aber die Grenzen zwischen «(Nieder-)Adel» und «Nichtadel» waren lange im Fluss. Wesentlich für den Aufstieg von Bürgern oder gar Bauern (Tirol, Ostfriesland) in den regionalen Niederadel waren v.a. Kriegsdienst bzw. Ämter und, damit verbunden, der Erwerb von Lehen, allgemein gesprochen: von Herrschaftsrechten. Ein Identitätsbewusstsein dieses Adels als eigene Gruppe scheint sich, infolge zunehmender standesinterner Kommunikation, erst ab 1400 in Auseinandersetzung mit dem Stadtbürgertum ausgeformt zu haben. Im 15. Jahrhundert tauchten Turnierfähigkeit und Ahnenprobe als rechtliche Distinktionskriterien auf. Bei Turnieren war anhand von Wappen zu beweisen, dass man von «ritterbürtigen», kampferprobten Ahnen abstammte – und nicht von Bürgern, die durch Geschäfte reich geworden waren. Die «Ahnenprobe», welche Dom- und bald auch andere Stiftskapitel sowie Rittergesellschaften damals zur Bedingung für die Aufnahme eines neuen Mitglieds einführten, verlangte gar den Nachweis von mindestens vier – je nach Vornehmheit des Kapitels auch mehr – adeligen Vorfahren. Dabei mussten auch die Großeltern schon Adelige, teilweise sogar Angehörige derselben Adelsgruppierung, gewesen sein. Das richtete sich gegen all diejenigen, deren nächste Vorfahren «unstandesgemäß» geheiratet hatten oder deren Adel auf einem Adelsbrief beruhte, wie er im Reich spätestens seit 1360 (bis 1500 indes in nur ca. 200 Fällen) ausgestellt worden war. Urkunden mochten, seit dieser Zeit sich ausweitender Schriftlichkeit, als Beweismittel dienen; ansonsten aber galten auch die beeideten Aussagen anerkannt adeliger Standesgenossen, dass ihrer Kenntnis nach die betreffende Familie seit «unvordenklichen Zeiten» adelig gewesen sei, als Beweis.

Ahnentafel der Maria von Sporwein. Um die «Reinheit» und damit Ehrwürdigkeit der eigenen Herkunft zu dokumentieren, legten viele Adelsfamilien in Haus- und Geschlechterbüchern Stammbäume an. Derartige Ahnenproben waren auch für den Zugang zu Ämtern und für die Heiratschancen von Bedeutung. Diese Ahnentafel entstammt einer Ende des 16. Jahrhunderts verfertigten familienübergreifenden Sammlung des Königsberger Hofkünstlers Johann Hennenberger. Jacob von Sporwein war Amtshauptmann und residierte auf der im südlichen Ostpreußen gelegenen Ortelsburg, ursprünglich einer Grenzfeste des Deutschen Ordens.

Dabei war der Adel in ganz Europa seit dem Spätmittelalter noch in Hoch- und Niederadel geteilt. Im Reich gehörten zum hohen Adel Fürsten (Herzöge, Land-, Mark- und Pfalzgrafen), Grafen und (hoch- bzw. edelfreie) «Herren», auf alle Fälle, seit bzw. sofern sie dem Reichstag angehörten. Einige (noch) nicht oder nur als Personalisten vom Reichstag rezipierte, meist erbländisch-österreichische Geschlechter wuchsen ausweislich der Aufnahme von Familienmitgliedern in bestimmte hochadelige Stifte (Domstifte von Köln und Straßburg, einige freiweltliche Damenstifte wie Essen) langsam in diesen Hochadel hinein. Nach 1815 wurden die rd. 70 einst reichsunmittelbaren unter den hochadeligen Geschlechtern, die seit 1794 durch einen fremden Souverän mediatisiert worden waren, als «Standesherren» bezeichnet. Sie besaßen eigene Vorrechte wie die Anrede mit «Durchlaucht» bzw. «Erlaucht» (aber ohne «von Gottes Gnaden»!) und die weiterhin garantierte Ebenbürtigkeit gegenüber den regierenden Familien. Das führte indes nun nur noch selten zu Eheschließungen mit den Dynasten. Der Niederadel bestand dagegen ursprünglich aus Rittern, Edelknechten bzw. einfachen «von» (wobei dieser Zusatz mindestens bis zum 17. Jahrhundert keinen sicheren Hinweis auf eine Adelsqualität enthielt, wie er umgekehrt auch fehlen konnte). Zumindest nach 1500 pflegten beide Adelskategorien bei der Heirat oder – von Hofdiensten abgesehen – gesellschaftlich untereinander nur wenig Kontakt. Noch stärker betonten sie allerdings gegenüber dem Rest der Bevölkerung ihre soziale Exklusivität und einen durch ihr Standesethos bedingten Vorrang gegenüber allen Nichtadeligen. Denn gemeinsam war ihnen der Anspruch, spezifisch adelige Familienehre und Tugenden (wie Freigebigkeit, Mut, Rechtschaffenheit) an die Nachkommen weiterzugeben, durch eine standesgemäße Erziehung, besonders aber durch «blutsmäßige» Vererbung.

So bewegte sich der Adel stets zwischen dem Anspruch auf individuelle Tugend bzw. Tüchtigkeit und auf kollektive Ehre. Obwohl der «Zedler», das größte Universallexikon des 18. Jahrhunderts, 1732 meinte, dass man dem Adel nicht unrecht täte, «wenn man heut zu Tage saget, der Adel wird eher ererbet, als erlanget», so nannte er ihn doch apodiktisch einen «Ehrenstand, welcher um vorhergehender Tugenden und Verdienste willen von der höchsten Obrigkeit verliehen wird». Schon im Spätmittelalter hatten nämlich Könige und Kaiser (auch Päpste) begonnen, Personen in den erblichen Adelsstand zu erheben, um sie für ihre (Ver-)Dienste auszuzeichnen...

Erscheint lt. Verlag 21.8.2014
Reihe/Serie Beck'sche Reihe
Beck'sche Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Historische Romane
Sachbuch/Ratgeber Beruf / Finanzen / Recht / Wirtschaft Geld / Bank / Börse
Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik
Reisen Reiseführer Europa
Geschichte Allgemeine Geschichte Mittelalter
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Staat / Verwaltung
Schlagworte Adelsgeschichte • Definition • Deutschland • Ehre • Erziehung • Familie • Gesellschaft • Heirat • Herausforderung • Lebensführung • Lebensstil • Mittelalter • Ökonomie • Privileg • Rechte • Rollenbild • Selbstverständnis • Vorrechte • Wiedervereinigung
ISBN-10 3-406-66705-8 / 3406667058
ISBN-13 978-3-406-66705-3 / 9783406667053
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