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Ein Riesling zum Abschied (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2011 | 1. Auflage
384 Seiten
dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
978-3-423-40822-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Riesling zum Abschied -  Paul Grote
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Ein Mord im Rheingau... Entsetzen in der Hochschule des deutschen Weinbaus in Geisenheim: Die Studentin Alexandra wurde erschlagen, und alle Indizien weisen auf den Geliebten der Toten als Mörder hin. Völlig unfassbar für Thomas Achenbach, Student und Freund des Verdächtigen. Alexandra war nicht so unbedarft, wie sie tat! Nur Dozentin Johanna Breitenbach behält die Nerven. Sie steigt hinab ins undurchsichtige Geflecht von Interessen und Beziehungen. Ein Riesling bringt sie auf die richtige Spur.  

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.

Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.

1


Er blickte an dem Haus mit den dunklen Fenstern empor. Es schien verlassen, und nirgends brannte Licht, nur die Straßenlaternen, an diesem Sommerabend von Insekten umschwirrt, schienen hell und kalt. Der fahle Schein der Laternen, in dem Fledermäuse sich im Flug satt fraßen, ließ die menschenleere Straße noch einsamer erscheinen. Weiter vorn fiel das kalte Blau einer Lichtreklame auf den Asphalt. Der Nachtwind griff in die Tannen, die Schatten ihrer großen Zweige strichen lautlos über die Fassade. Im ersten Stock stand ein Fenster offen, eine weiße Gardine wehte heraus, wie um etwas zu verdecken – oder als Mahnung? Der weiße Schleier stand für einen Moment still in der Luft, verharrte in der Form einer Totenmaske, und Thomas Achenbach meinte, in ihr Alexandras Züge zu erkennen. Ihn schauderte.

Am Abend war bei Tisch über sie geredet worden, und die Gespräche hatten die Geburtstagsfeier überschattet. Am Freitag war er Alexandra zuletzt auf dem Campus begegnet. Jetzt war sie tot, erschlagen, und lag irgendwo in einem eisigen Keller der Gerichtsmedizin von Wiesbaden.

Ratlos, entsetzt und auch widerwillig hatten seine Kommilitonen die absurdesten Theorien gewälzt und jeden zum Mörder erklärt, der aus diesem oder jenem Grund als Täter in Betracht kam oder am wenigsten sympathisch war. An Manuel hatte niemand gedacht. Bestand nicht auch die Möglichkeit, dass Alexandra von einer Frau getötet worden war? Als eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung am Montag die Heizungsmonteure in die Wohnung gelassen hatte, war die Tote entdeckt worden. Die Nachricht vom Mord hatte nicht nur unter den angehenden Önologen des Fachbereichs Geisenheim, wie dieser Teil der Hochschule RheinMain hieß, rasend schnell die Runde gemacht. Auch die Bevölkerung des Städtchens war schockiert. Seit dem Mord war nichts wie vorher.

Thomas fand es immer noch richtig, dass er sich den Abend über mit seiner Meinung zurückgehalten hatte. Im Grunde genommen hatte er überhaupt keine. Er wusste nichts über die Todesumstände. Außer Manuel und Regine, mit denen er die Wohnung teilte, wusste niemand von seiner Abneigung gegenüber der Toten, von seinem tief sitzenden Misstrauen. Er war Alexandra, wenn es sich irgendwie einrichten ließ, stets aus dem Weg gegangen, damit sich seine Antipathie nicht zur Feindseligkeit auswuchs. Ihm kam dabei entgegen, dass sich ihre Studiengänge sehr voneinander unterschieden. Alexandra hatte Internationale Weinwirtschaft gewählt.

»Ich will mir doch nicht alle fünf Minuten die Fingernägel sauber machen.«

Diese Worte, bei ihnen am Küchentisch ausgesprochen, hatte er noch im Ohr. Aber sie hatte es für nötig befunden, die Nägel mehrmals täglich zu lackieren, mal eben so, nebenbei. Er selbst und seine Freunde hingegen machten sich nicht nur die Finger schmutzig, auch die Hände, die Schuhe, sie schwitzten bei der Arbeit – sie studierten eben Önologie und Weinbau. Ihnen machte das nichts aus.

Es gab allerdings einige gemeinsame Lehrveranstaltungen, bei denen ein Zusammentreffen unvermeidlich war. Er und Alexandra hatten es bei der Andeutung eines Kopfnickens belassen. Morgen hätten sie sich bei der Mikrobiologie-Vorlesung gesehen, und auch im Kurs Weinbeurteilung waren sie zwangsläufig zusammengetroffen. Aber da saß sie stets neben Manuel.

Thomas wusste, dass Alexandra ihn genauso verabscheute wie er sie. Er hatte sie durchschaut – und sie hatte es gemerkt. Es war nichts als ein Augenblick gewesen, in seinem Blick hatte sie sich erkannt gefühlt, abends bei ihnen in der Küche, nach dem Essen, beim Espresso. Der Rest des Abends war dann nur noch peinlich gewesen, schließlich war sie Manuels Freundin.

»Ich liebe Hausmannskost«, pflegte sie an solchen Abenden zu sagen und hatte ihn, der meistens kochte, dabei herausfordernd angegrinst. Die brachte er nun wahrlich nicht auf den Tisch. Aber was war für eine junge Frau schon gut genug, die am liebsten in den Etablissements von Sterneköchen verkehrte?

Außer dem trockenen Hall seiner Schritte hörte Thomas nur das Knarren der großen Äste der Tannen. Es würde Regen geben. Er konnte es riechen. Er hatte sich angewöhnt, an allem zu riechen, nicht nur an Früchten, nicht nur am Essen, an Holz oder Blumen, er roch an Eisen, an Glas, an Kunststoffen und an der Erde. Und er hatte Alexandra von Anfang an nicht riechen können. Die Abneigung war geradezu körperlich. Aber das hatte er Manuel genauso verschwiegen wie dieses Gefühl, dass sie allen etwas vorspielte. Doch er hatte es gespürt, und es verletzte ihn. Thomas’ gespanntes Verhältnis zu Alexandra machte seinem Freund arg zu schaffen.

An der Kreuzung neben der Sparkasse blieb Thomas stehen, schaute nach rechts zum Bahnhof und blickte noch einmal zu dem Haus mit dem offenen Fenster zurück. Er meinte, die weiße Gardine wieder gesehen zu haben, aber war das bei der Entfernung überhaupt möglich? War es ein Zeichen, ein Wink, eine Warnung? Ihm wurde schon wieder kalt, die Gänsehaut kroch von den Schulterblättern zum Nacken hinauf. Geh weiter, sagte er sich, sieh nach vorn, doch auch der Anblick des nächtlichen Bahnhofs mit dem wartenden Taxi, das abgeblendet unter dem Baum davor parkte – der Fahrer hoffte wohl auf einen späten Fahrgast aus dem letzten Zug aus Wiesbaden –, wirkte nicht beruhigend. Links daneben drohte die massige Silhouette des in völligem Dunkel liegenden Schlosses Schönborn. Der Anblick der Weinstöcke davor, von einer halbhohen Mauer umfriedet, ließ Thomas aufatmen. Riesling wuchs hier. Was sollte es im Rheingau auch anderes sein? Ein wenig Spätburgunder? Thomas betrachtete die knorrigen Gebilde, von Blättern umrankt, in der Dunkelheit mehr Scherenschnitt als Wirklichkeit. Geisenheimer Schlossgarten hieß diese Lage mitten in der Stadt, fünfundzwanzig oder dreißig Jahre mochten die Weinstöcke hier stehen. Anthroposophen hätten an dieser Stelle kaum je etwas gepflanzt, ihnen wäre es für die Pflanzen zu laut gewesen. Aber eine Nacht wie diese, wenige Tage nach einem Mord und noch dazu kurz vor dem Regen, war sehr still – bis der nächste Güterzug aus dem Rheintal heraufdonnerte und die lautlose Dunkelheit zerriss. Thomas ging schnell weiter, um seinen düsteren Gedanken zu entkommen.

Er ärgerte sich, dass er zu träge gewesen war, den Vorderreifen seines Fahrrades zu flicken, andernfalls wäre er längst zu Hause gewesen. Den Wagen ließ er grundsätzlich stehen, wenn klar war, dass probiert und getrunken wurde. Es gab kein Essen unter den angehenden Önologen, bei dem nicht wenigstens einer von ihnen die Weine vom elterlichen Weingut oder sonstige Proben auf den Tisch stellte. Heute hatten sie die Weine von Hans Lang probiert, es hatte sozusagen ein Themenabend über biologisch gemachte Weine werden sollen.

In Sachen ökologischer Weinbau war Lang einer der Ersten im Rheingau, und was er und seine Mannschaft produzierten, gehörte zur Spitze. Sie hatten Gutsweine sowie zwei Lagen- und Ursprungsweine probiert, »vom bunten Schiefer«. Zum Kauf von Ersten Gewächsen reichte das studentische Budget nicht. Thomas war der Ansicht, dass ein Winzer, der seinen einfachsten Weinen nicht die gleiche Sorgfalt angedeihen ließ wie seinen besten Gewächsen, ihnen nicht als Vorbild dienen konnte. Aber Lang war ein Vorbild, und seine Weine waren erschwinglich, und es war eine Frage des Geschmacks, des Anspruchs und der Möglichkeiten, für welchen Wein man sich entschied.

Thomas hatte es der Spätburgunder angetan, ein rebsortentypischer Wein, diskret im kleinen Holzfass ausgebaut, mit einem schönen Beerenaroma. Als grandios hatte er den Johann Maximilian »R« von einer Probe auf dem Weingut in Erinnerung. Thomas’ Freunde hatten mehr vom Grauburgunder und von Langs Riesling mit der Goldkapsel geschwärmt, leider hatten sie von allem nur eine Flasche, mehr gab der väterliche Monatsscheck nicht her. Sie lernten, sie probierten, sie diskutierten, und sie genossen, aber heute hatte ihre Privatdegustation, wie sie es nannten, nicht in euphorischer Stimmung geendet.

Heute Nacht kam Thomas die Winkeler Straße besonders lang vor, fremd und leblos, und er fragte sich, welche Sorge ihn mehr bewegte. War es Mitgefühl für Manuel, mit dem er seit einem Jahr zusammenwohnte und studierte, der sein Partner und inzwischen auch sein Freund geworden war? Mit Argwohn hatte er bemerkt, wie Alexandra ihn eingewickelt und umgarnt hatte, wie er mehr und mehr auf ihre Tricks reingefallen war und ihren lasziven Mund. Sie hatte mit Manuel gespielt, sie hatte seine Klaviatur schnell begriffen und ihre Fertigkeiten ausprobiert und perfektioniert. Manuel war blind gewesen, dankbar für das, was er für Liebe, für Zuneigung hielt. Er begriff nicht, dass sie ihn ausgenutzt, ihn verführt und dabei in die Irre geführt hatte.

Manuel war reich, vielmehr seine Eltern waren es, und für jemanden, der hoch hinauswollte, so hoch hinaus wie Alexandra, musste er das Ziel ihrer Träume gewesen sein.

Kreisrund und hell stand der Mond am Himmel, Wolkenschleier zogen vorüber. Thomas wäre gern unten am Rhein gewesen, ein Glas Wein in der Hand, und hätte das Glitzern des Lichts auf den Wellen genossen, aber er war zu müde, bis ans Ufer zu laufen. Außerdem war der Weinstand bestimmt längst geschlossen. Er sah das Schild an einem Mast:

 

Weinproben, Flaschenwein, Verkauf – Versand

 

Alles hier in Geisenheim war Wein, kam mit dem Wein, geschah durch den Wein und hing vom Wein ab. Vom Küchenfenster der WG sah er den Rothenberg, der sich nach dem langen Winter längst mit frischem Grün überzogen hatte. Auch sein Leben drehte sich um nichts anderes,...

Erscheint lt. Verlag 1.9.2011
Reihe/Serie Europäische-Weinkrimi-Reihe
Europäische-Weinkrimi-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Belletristik • Cosy Crime • Deutschsprachige Krimis • eBook • Geisenheim • Hessen • Kulinarischer Krimi • Rheingau • Spannung • Urlaubslektüre • Wein • Weinanbau • Weingut • Weinhandel • Weinkrimi • Winzer
ISBN-10 3-423-40822-7 / 3423408227
ISBN-13 978-3-423-40822-6 / 9783423408226
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