Hani & Ishu: Fake-Dating leicht gemacht (eBook)
ONE (Verlag)
978-3-7517-3825-5 (ISBN)
Die 17-jährige Humaira 'Hani' Khan ist eines der beliebtesten Mädchen an ihrer Schule in Dublin. Doch gerade, wenn es um ihre bengalischen Wurzeln geht, fühlt sich Hani besonders von ihren beiden besten Freundinnen nicht wirklich verstanden. Und auch, als sie ihnen offenbart, dass sie bisexuell ist, glauben sie ihr nicht. Ohne darüber nachzudenken, behauptet Hani, sie sei in einer Beziehung - mit der ehrgeizigen Ishita 'Ishu' Dey, die so ziemlich das genaue Gegenteil von ihr ist. Ishu spielt mit, unter einer Bedingung: Hani soll ihr helfen, Schulsprecherin zu werden. Der Plan scheint perfekt - bis Gefühle, Familie und Freundschaften alles verkomplizieren ...
<p><strong>Adiba Jaigirdar </strong>wurde in Dhaka, Bangladesch, geboren und lebt seit ihrem zehnten Lebensjahr in Dublin. Sie hat einen Bachelor in Englisch und Geschichte sowie einen Master in Postcolonial Studies. Adibas Young-Adult-Bücher wurden schon mehrfach ausgezeichnet. Wenn sie nicht gerade Tee trinkt oder arbeitet, macht sie auf die Probleme des Kolonialismus aufmerksam, spielt Videospiele oder erweitert ihre beeindruckende Lippenstift-Sammlung.</p>
Kapitel eins
Ishu
Ich bin gerade völlig in die Biohausaufgaben vertieft, als plötzlich mein Handy vibriert. Einmal, zweimal, dreimal. Dann ruckelt es sich über die Tischkante in den Papierkorb.
»Ach, Scheiße«, brummle ich leise vor mich hin. Ich klappe das Biologiebuch zu und wühle mich durch Abschminktücher und Papierknäule. Kann ja keiner ahnen, dass mein Handy 1. unbedingt in den Müll will und 2. so empfindlich auf Nachrichten reagiert.
Der Fairness halber muss ich zugeben, dass ich es nicht gewohnt bin, Nachrichten zu bekommen, und mein Handy deshalb genauso wenig. Es ist mittlerweile auch schon drei Jahre alt, war ziemlich billig und braucht mindestens eine Minute, um egal was zu laden.
Als ich es endlich finde, vibriert es immer noch. Jetzt will auch noch jemand telefonieren.
Keine Ahnung, wann ich zuletzt angerufen wurde. Ab und zu sagen Ammu und Abbu vielleicht mal Bescheid, dass es später wird. Aber diesmal leuchtet auf dem Display der Name meiner älteren Schwester auf: Nikhita.
»Nik?«
»Ishu, Gott sei Dank!« Niks Stimme klingt am Telefon komisch, viel höher als in meiner Erinnerung. Könnte auch daran liegen, dass ich schon ewig nicht mehr mit ihr geredet habe. Vor zwei Jahren ist sie weggezogen, um am University College London zu studieren. Ausgerechnet. Damit hat sie ja auch gar keine übertriebenen Standards gesetzt oder so. Seit wir ihr damals am Flughafen hinterhergewinkt haben, ist sie nur ein einziges Mal für zwei Wochen zurückgekommen. Und da saß sie die ganze Zeit bloß über ihre Medizinbücher gebeugt, nur um am Ende mit blutunterlaufenen Augen wieder in den Flieger zu steigen, als wäre sie überhaupt nicht im Urlaub gewesen. So ist das Leben einer Medizinstudentin am UCL. Selbst Ammu und Abbu ruft sie so gut wie nie an, aber das stört die beiden kaum, weil Nikhita der Stolz der Familie ist. Sie erfüllt sich alle ihre Träume.
»Äh, warum rufst du mich an?« Mir fällt erst auf, wie unfreundlich das klingt, als die Worte schon raus sind. Aber Nik ruft mich eben nicht an. Das hat sie noch nie getan. Manchmal schreibt sie mir über WhatsApp, wenn Ammu und Abbu nicht erreichbar sind, um rauszufinden, wann sie denn wieder erreichbar sind. Nie, um mit mir zu quatschen oder zu fragen, wie es mir geht.
»Mensch, Ishu, ich werd doch wohl noch meine kleine Schwester anrufen dürfen! Warum gehst du jetzt erst ran?« Sie klingt frustriert, aber da schwingt noch irgendwas anderes mit. Überspielte Nervosität. Doch wieso sollte die perfekte Nikhita nervös sein?
»Ich lerne grade. Nicht mehr lange bis zum Abschluss, weißt du doch.« Sie wird ja wohl kaum vergessen haben, dass diese Prüfungen entscheiden, auf welche Universität man es schafft.
»Ach ja, das Leaving Cert. Wow, das waren Zeiten. Ich wünschte, ich könnte das noch mal erleben.« Nik versucht, sarkastisch zu klingen, aber es kommt nicht richtig rüber. Als wäre sie nicht ganz bei der Sache. »Sind Ammu und Abbu schon zu Hause?«
Na bitte.
»Glaub schon, ja.« Ich sehe aus dem Fenster – es ist stockfinster draußen. Beim Lernen habe ich gar nicht gemerkt, wie spät es schon ist: laut Wanduhr 20:33 Uhr. »Ich glaube, die gucken gerade Fernsehen.« Leises Gemurmel und einige Fetzen Hindi aus einem Natok wabern durch die angelehnte Zimmertür.
»Okay, cool. Hör mal, kannst du mir einen Gefallen tun?«
Ich richte mich auf. Ein Gefallen ist definitiv was Neues. Wie soll ich damit umgehen? Verlange ich Details, bevor ich zusage? Bestehe ich auf einer Gegenleistung? Ehe ich mich entscheiden kann, erklärt Nik schon, was sie von mir will.
»Ich komme für ein paar Tage nach Hause, um Ammu und Abbu zu überraschen. Aber ich habe letztes Mal meinen Schlüssel dagelassen, deshalb müsstest du mir morgen nach der Schule aufmachen. Das geht doch, oder?«
»Du willst Ammu und Abbu überraschen?« Das Wort »überraschen« will mir nicht in den Kopf gehen. Bengalische Eltern überrascht man nicht, außer man möchte sich eine Thappor einfangen. Nicht, dass Ammu und Abbu ständig Ohrfeigen verteilen würden – oder überhaupt –, aber trotzdem. Überraschungen und bengalische Eltern sind keine gute Kombi.
»Sag das doch nicht so.« Nik klingt beleidigt.
»Wie?«
Sie seufzt. »Egal. Kannst du mir bitte einfach helfen?«
»Aber es ist doch mitten im Semester? Warum kommst du morgen? Ist alles in Ordnung?«
»Ja, alles gut«, antwortet Nik in einem Ton, der so gar nicht danach klingt, als wäre alles gut. Hoffentlich kriegt sie das als Ärztin irgendwann mal besser hin. »Ich hab euch bloß so lange nicht mehr gesehen, und ... ich habe Neuigkeiten. Tust du mir den Gefallen?«
»Na ja, ich werd dir wohl kaum die Tür vor der Nase zuschlagen.«
Ich höre Nik genervt ausatmen, als hätte dieser Satz ihren ohnehin schon überspannten Geduldsfaden reißen lassen. »Okay, danke, Ishu. Also ... dann bis morgen.«
»Bis m–« Doch Nik hat schon aufgelegt.
Wahrscheinlich sollte ich mir Gedanken darüber machen, was mit meiner Schwester los ist, aber am Ende werden wir eh so damit umgehen wie sonst auch – unabhängig voneinander. Ich bin nur dafür zuständig, ihr die Haustür aufzuschließen. Das kriege ich hin.
Außerdem will ich mir noch zu einem ganzen Biokapitel Notizen machen. Also werfe ich das Handy aufs Bett, schlage das Buch wieder auf und schiebe die Gedanken an Nik beiseite.
*
Ein Glück, dass ich gestern Abend gelernt habe. Ms. Taylor überrumpelt uns zu Beginn der Nachmittagsdoppelstunde Biologie mit einem unangekündigten Test. Sie schreibt gerne Überraschungstests, auch wenn sie noch nicht mal die Hälfte des vorgesehenen Stoffs mit uns geschafft hat. Mindestens einmal alle zwei Wochen beginnt sie so den Unterricht. Wahrscheinlich wird es noch häufiger Tests geben, je näher der Abschluss rückt. Aus irgendeinem Grund sind die anderen in der Klasse trotzdem jedes Mal wieder überrascht. Ich verdrehe die Augen, schnappe mir einen Kuli und fange an.
Da es in den meisten Fragen um die Kapitel von gestern Abend geht, habe ich ein gutes Gefühl. Am Nebentisch kaut sich Aisling Mahoney so doll auf der Lippe rum, dass sie eigentlich bluten müsste. Sie sieht auf, bemerkt meinen Blick und funkelt mich an. Ich schenke ihr ein fieses Lächeln.
Das scheint sie zu treffen: Sie verzieht das Gesicht und wendet sich wieder ihrem Blatt zu, das noch ziemlich leer aussieht. Würde Aisling im Unterricht weniger Zeit mit Snapchat und mehr mit Zuhören verbringen, wüsste sie vielleicht auch ein paar Antworten.
Nach dem Test geht Humaira durch die Reihen und sammelt die Blätter ein.
»Wie ist es gelaufen?«, fragt sie Aisling.
»Schlecht.« Aisling wirft mir einen wütenden Blick zu, als wäre ich daran schuld. »Ich hasse diese Überraschungstests. Bio ist einfach viel zu viel Stoff, wie soll man das schaffen?«
»Keine Sorge, ich kann dir helfen, wenn du magst. Vielleicht können wir in der Mittagspause ein paar Sachen durchgehen«, schlägt Humaira vor und lächelt ihr zu. Sie ist das einzige andere südasiatische Mädchen in der Klasse – eigentlich im ganzen Jahrgang –, und weil sie schon länger auf der Schule ist, scheinen die Leute manchmal zu erwarten, dass ich genau wie sie bin. Aber Humaira ist einfach übertrieben hilfsbereit, und vermutlich waren alle etwas enttäuscht, als sie festgestellt haben, dass ich das genaue Gegenteil von hilfsbereit bin.
»Danke, Maira.« Aisling lächelt sie an, als wäre es nicht ihre eigene Schuld, wenn sie weder aufpasst noch lernt.
Mir fällt auf, dass ich die Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt habe. Ich lockere den Griff, versuche, die aufgestaute Anspannung der letzten Minuten aus meinem Körper weichen zu lassen, und öffne das Biologiebuch.
Humaira braucht meine Hilfe nicht, egal, wie sehr ich sie durchschütteln und Jetzt hör doch mal auf damit! rufen will. Immer muss sie für alle ein offenes Ohr haben. Sie merkt gar nicht, wie die sie nur aussaugen und rein gar nichts zurückgeben. Manchmal frage ich mich, wie Humaira das schon so lange aushält. Manchmal frage ich mich, wie lange das noch so weitergehen kann.
Aber das geht mich nichts an.
Humaira und ich sind schließlich nicht mal befreundet.
Als ich im zweiten Jahr der Secondary School hierher gewechselt bin, sollte Humaira mich herumführen und mir alles erklären. Natürlich nur, weil wir beide People of Colour sind und alle dachten, wir würden uns sicher gut verstehen. Aber Humaira und ich könnten unterschiedlicher nicht sein, auch wenn wir beide bengalisch sind.
Jetzt wendet Humaira sich mir zu und lächelt mich zu meiner Überraschung ebenfalls an. »Und bei dir, Ishita?« Sie ist echt gut im Codeswitching. Wegen unserer bengalischen Eltern haben wir beide zwei Namen. Meine Familie und die meisten Bengalis nennen mich Ishu, alle anderen Ishita. Humaira hat mittlerweile so viele Namen, dass ich kaum mehr...
Erscheint lt. Verlag | 30.6.2023 |
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Übersetzer | Leslie Jorinde Fried, Anna Kuntze |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Hani and Ishu's Guide to Fake Dating |
Themenwelt | Kinder- / Jugendbuch ► Jugendbücher ab 12 Jahre |
Schlagworte | Aktion Kulturpass • Bengalisch • Bill Konigsberg • Bookstagram • Booktok • Bücher ab 14 Jahren • Cultural diversity • Dublin • fake dating • female/female • Geek • George Lester • Grumpy-meets-Sunshine • Hani and Ishu's Guide to Fake Dating • Haters to lovers • Indisch • Irland • Junge Erwachsene • kulturpass • lgbtqia+ • Miel Moreland • Nerd • opposites attract • Own Voice • POC-Repräsentation • Queer • Simon James Green • tiktok made me buy it • Vitor Martins • YA • Young Adult |
ISBN-10 | 3-7517-3825-8 / 3751738258 |
ISBN-13 | 978-3-7517-3825-5 / 9783751738255 |
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