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Lange Schatten meiner Stasi-Bearbeiter

Erinnerungen an Gespräche mit ehemaligen Offizieren und inoffiziellen Mitarbeitern des MfS sowie SED-Funktionären

(Autor)

Buch | Hardcover
452 Seiten
2019
Editions La Colombe (Verlag)
978-3-929351-49-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lange Schatten meiner Stasi-Bearbeiter - Edmund Käbisch
CHF 34,95 inkl. MwSt
Seit 1992 suchte Edmund Käbisch das offene Gespräch mit DDR-Zeitzeugen, Akteuren des Regimes, die ihn als „Feind“ angesehen, behandelt und bearbeitet hatten. In freiwillig und offen geführten Gesprächen, Briefwechseln und öffentlichen Diskussionen wurden Erfahrungen und Sichtweisen der SED-Diktatur und im Umgang mit der Vergangenheit ausgetauscht. „Ich spürte, dass die meisten der über fünfzig Zeitzeugen sich für ihr damaliges und heutiges Denken, Reden und Handeln verantwortlich fühlen, aber zum Teil auch ihre Geheimdienstarbeit glorifizieren. Aus meiner Sicht haben diese Zeitzeugen mit dazu beigetragen, dass sich das Ende der DDR 1989 in unserem Land als Friedliche Revolution ereignen konnte und es nicht zu Gewalt oder Eskalation kam.“
Ausgehend von seiner eigenen Stasi-Akte nähert sich Käbisch in Forschung und Gesprächen den Motiven, Vorgehensweisen und Akteuren der Stasi an. Er dokumentiert das „Zwickauer Modell“, eine planmäßige Einflussnahme auf die Evangelische Kirche in Sachsen. Kirchliche Amtsträger sollten im Sinne von SED und Stasi die „Kirche von unten“ und deren Streben nach Freiheit, Menschenrechten und Demokratie unterdrücken und so unbewusst zu effektiven Erfüllungsgehilfen der Diktatur werden. Die langen Schatten dieser Methode wirken bis heute nach, was nicht nur der Autor am eigenen Leib erfahren musste, sondern auch ein Grund für den dramatischen Vertrauensverlust und den Einbruch der Mitgliederzahlen der Evangelischen Kirche ist.
„Hinter jeder Akte steht ein menschliches Schicksal [...] Die Rechte von Menschen zu unterdrücken, um die Macht einer Partei nicht zu gefährden, das war in großen Teilen Auftrag der Stasi, aber auch von SED-Funktionären. Die Stasi-Akten geben davon ein schriftliches Zeugnis.
In den Akten steht aber auch vieles über das Leben und Funktionieren derer, die Verantwortung für die Unterdrückung getragen haben: inoffizielle Mitarbeiter, hauptamtliche Offiziere, Funktionsträger der Partei. Die Dokumente des MfS beschreiben nämlich auch das Funktionieren in einer Unterdrückungsbürokratie und einem Geheimpolizeiapparat und beleuchten damit, wie Menschen zu Handlangern der Repression wurden.“
Roland Jahn, Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen

Dieses Buch rekonstruiert einen Aspekt des gewaltfreien Übergangs der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in die Bundesrepublik Deutschland, der als Friedliche Revolution in die Weltgeschichte eingegangen ist. Seit 1992 suchte ich das Gespräch mit bestimmten DDR-Zeitzeugen über die gemeinsame Vergangenheit. Diese Menschen haben mich damals als „Feind“ angesehen, behandelt und bearbeitet. Alle Gespräche wurden von mir und meinen Gesprächspartnern freiwillig geführt und nichts war geheim (im Stasi-Jargon „konspirativ“). Mit einigen tauschte ich Briefe oder E-Mails aus. Etliche Zeitzeugen beteiligten sich sogar an öffentlichen Podiumsdiskussionen, verschiedene Male saß ich gemeinsam mit ihnen auf dem Podium, und wir konnten öffentlich und unter Einbeziehung der Bürger im Publikum unsere Erlebnisse, Erfahrungen und Sichtweisen über die Zeit der SED-Diktatur und den Umgang mit der Vergangenheit austauschen, so wie es sich in einer Demokratie gehört. Ich spürte, dass die meisten der über fünfzig Zeitzeugen sich für ihr damaliges und heutiges Denken, Reden und Handeln verantwortlich fühlen, aber zum Teil auch ihre Geheimdienstarbeit glorifizieren. Aus meiner Sicht haben diese Zeitzeugen mit dazu beigetragen, dass sich das Ende der DDR 1989 in unserem Land als Friedliche Revolution ereignen konnte und es nicht zu Gewalt oder Eskalation kam. Bei meiner Planung zu diesem Buch hatte ich ursprünglich nicht vor, mich mit den noch lebenden Zeitzeugen erneut in Verbindung zu setzen. Aus zweierlei Gründen tat ich es: Zum einen wollte ich meinen Gesprächspartnern eine abschließende Möglichkeit zur Erläuterung des Gesagten oder zur Hinzufügen neuer Erkenntnisse geben. Zum anderen bewog mich die 2018 in Kraft getretenen Datenschutzgrundverordnung, sie noch einmal über die Veröffentlichung zu informieren. So schrieb ich allen noch lebenden Zeitzeugen und teilte ihnen meine Absicht mit, ein Buch (damaliger Arbeitstitel „Meine Stasi-Bearbeiter“) zu schreiben. Darin würde ich meine Erinnerungen an Begegnungen und Gespräche schildern und bat um ein erneutes Gespräch. Zudem schlug ich auch vor, ihnen die zur Veröffentlichung geplanten Texte vorzulegen, um die Möglichkeit zu Zustimmung oder Korrektur zu geben. So kam es zu weiteren Besuchen, Gesprächen, Briefen und Telefonaten, die größtenteils einvernehmlich verliefen. Juristische Bedenken habe ich sehr ernst genommen und bestimmte Wünsche und Erwartungen aufgegriffen. Diese habe ich nach bestem Wissen und Gewissen bei der Veröffentlichung eingearbeitet. Während dieser Begegnungen konnte ich beobachten und feststellen, dass diese Zeitzeugen die Werte der freiheitlichen Demokratie zu schätzen gelernt haben und sich auf ihre Weise in den Rechtsstaat einbringen. Nur einige äußerten, sie würden gegen von mir veröffentliche falsche Tatsachenbehauptungen vorgehen. Zudem bestünden sie auf ihr Recht am gesprochenen Wort, dessen Veröffentlichung sie nicht autorisiert hätten. Diese Äußerungen nahm ich sehr ernst! Weiterhin haben einige Zeitzeugen nicht auf meine Briefe reagiert. Mein Rechtsanwalt Sebastian Franck meinte, damit käme deren Wunsch und Wille zum Ausdruck, sie wollten mit ihrer Vergangenheit nichts mehr zu tun habe. Dieses gelte es zu respektieren. Mein Rechtsanwalt und ich kamen überein, eventuellen Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, indem das Manuskript nochmals gründlich überarbeitet und danach juristisch geprüft würde. Nur beweisbare Tatsachen dürfen dargestellt werden. So verzögerte sich die Drucklegung und die ursprüngliche Planung, das Buch während des 900-jährigen Zwickauer Stadtjubiläums zu veröffentlichen, wurde aufgegeben. Dafür erscheint es nun ein Jahr später. 2019 ist das Jahr, in dem das dreißigjährige Jubiläum der Friedlichen Revolution begangen wird. Zwickau kann mit Stolz auf diese Zeit zurück blicken. Als erste Stadt der Region wurde hier mit dem ersten Friedensgebet am 16. Oktober 1989 am Dom das Tor der kommenden Demokratie aufgestoßen. Dieses Erinnerungsbuch dokumentiert eine authentische Schilderung der damaligen Zeit. Die Verzögerung erlaubte es nicht nur, die aktuellsten Zeitzeugengespräche mit aufzunehmen, sondern auch das Manuskript um belegbare Tatsachen zur einstigen Arbeit bestimmter Zeitzeugen zu erweitern. Damit erhöhte sich die Qualität des Buches.

Erscheinungsdatum
Verlagsort Moers
Sprache deutsch
Maße 170 x 240 mm
Gewicht 980 g
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Schlagworte Bespitzelung • Friedliche Revolution • informelle Mitarbeiter • Inoffizielle Mitarbeiter • Landeskirche Sachsens • Ministerium für Staatssicherheit • Stasi
ISBN-10 3-929351-49-8 / 3929351498
ISBN-13 978-3-929351-49-1 / 9783929351491
Zustand Neuware
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