Streit am Hof im frühen Mittelalter (eBook)
435 Seiten
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
978-3-86234-884-8 (ISBN)
Prof. Dr. Matthias Becher studierte Geschichte und Politische Wissenschaften in Konstanz und ist seit 1998 Professor für Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der Universität Bonn. Von 2016 bis 2021 war er Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1167, seither leitet er das Bonner Zentrum ?Macht und Herrschaft?.
Prof. Dr. Matthias Becher studierte Geschichte und Politische Wissenschaften in Konstanz und ist seit 1998 Professor für Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der Universität Bonn. Von 2016 bis 2021 war er Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1167, seither leitet er das Bonner Zentrum ›Macht und Herrschaft‹.
Title Page 3
Copyright 4
Inhalt 5
Danksagung 7
Matthias Becher: Gedanken zur Einführung 9
Daniel G. König: Öffentliche religiöse Auseinandersetzungen unter Beteiligung spätantik-frühmittelalterlicher Höfe – Versuch einer Typologie 17
Religiöse Auseinandersetzungen in der politischen Sphäre 17
Der Hof und seine Verwicklung in religiöse Auseinandersetzungen 23
Kontexte religiöser Auseinandersetzungen in der politischen Sphäre 30
Ursachen religionspolitischer Auseinandersetzungen im spätrömischen Reich und seinen romanisch-germanischen Nachfolgern 36
Roland Steinacher: Der vandalische Königshof als Ort der öffentlichen religiösen Auseinandersetzung 45
Arianismus als politisches Instrument? 49
Der vandalische Hof als Ort der öffentlichen religiösen Auseinandersetzung 57
Die vandalischen Königstitel und ihre Implikationen für das Herrschaftsverständnis der Könige in Karthago 61
Eine vandalische ‚Tracht` als Kleidung bei Hof? Anmerkungen zu Victors „habitus barbarus“ und der These von ‚Romanen` versus ‚Germanen` als Hintergrund der Konflikte im spätantiken Nordafrika 66
Alheydis Plassmann: Interessenvertretung und Intrigen am ostgotischen Königshof 75
Caspar Ehlers: Sachsen als sächsische Bischöfe. Die Kirchenpolitik der karolingischen und ottonischen Könige in einem neuen Licht 95
I. Vorbemerkungen zum Raum 95
I.1 Der geographische Raum 96
I.2 Ordnungsmuster der Welt und der Kirche 96
II. Vorbemerkungen zu den Personen 101
II.1 Zur Begrifflichkeit: Was ist ‚indigen`? 101
II.2 Vorschläge für weiterführende Ansätze 102
II.3 Gab es Möglichkeiten, nur indigene Herrschaftsträger zu installieren? 104
III. Die prägenden Personenverbände in Sachsen bis 1024 106
III.1 Die Gruppen nach dem Konsens der Forschung: Indigene Verbände? 106
III.2 Übersicht: Die Bischöfe in Sachsen nach ihrer gentilen Zuordnung (754–1024) 108
III.2.1 Das engere Sachsen 108
III.2.2 Vergleich mit Graf Finck von Finckenstein 108
IV. Auswertungen 109
IV.1 Indigene Bischöfe 109
IV.2 Die Beziehungen der Gruppen untereinander: Indigener ‚sächsischer Stammesadel` und nicht indigener ‚fränkischen Reichsadel`? 110
IV.3 Konflikt im Reich und ‚am Hofe`: Der Stellingaaufstand 111
IV.3.1 Der Zeitrahmen 111
IV.3.2 Die Bischöfe mit sächsischem Bezug im fraglichen Zeitraum 113
IV.3.3 Schlussfolgerung 114
V. Ergebnisse 114
Anhang: Tabellen 118
Daniel Eichler: Karolingische Höfe und Versammlungen – Grundvoraussetzungen 121
Jennifer R. Davis: Charlemagne's Settlement of Disputes 149
Eric J. Goldberg: Dominus Hludowicus serenissimus imperator sedens pro tribunali: Conflict, Justice, and Ideology at the Court of Louis the German 175
Matthias Schrör: Aufstieg und Fall des Erzbischofs Ebo von Reims 203
1. Einleitung 203
2. Ebos Werdegang 204
3. Erzbischof von Reims 816–835 205
4. Die Absetzung als Reimser Erzbischof 211
5. Ebos ‚Apologeticum`, seine Rückkehr nach Reims und die endgültige Absetzung 216
6. Fazit 221
Andrea Stieldorf: Adel an der Peripherie im Streit mit dem höfischen Zentrum 223
Thomas Scharff: Streitschlichtung am Hof. Versöhnungsrituale, Eide und Historiographie im 9. Jahrhundert 247
Versöhnung und Eid 249
Eide, Versöhnung und Historiographie am Beispiel von Nithards ‚Historiae` 253
Eide in den ‚Annales Bertiniani` 256
Eide in den ‚Annales Fuldenses` 258
Zusammenfassung 261
Martina Giese: Kompetitive Aspekte höfischer Jagdaktivitäten im Frühmittelalter 263
Linda Dohmen: …evertit palatium, destruxit consilium… – Konflikte im und um den Rat des Herrschers am Beispiel der Auseinandersetzungen am Hof Ludwigs des Frommen (830/31) 285
Charles West: Evaluating conflict at court: a West Frankish perspective 317
Introduction 317
Royal centrality 318
Violence and coercion 320
Ceremony and protocol 321
Processual approaches 324
Conflicts of value 326
Conclusion 329
Manfred Luchterhandt: Bilder ohne Worte. Protokoll und höfischer Luxus in den Empfangszeremonien des mittelbyzantinischen Kaiserhofs 331
Die Gesandtschaftsempfänge des 10. Jahrhunderts 347
Florian Hartmann: Streit an der cathedra Petri oder Streit um die cathedra Petri? Konflikte um den Papstthron in der Deutung päpstlicher Quellen 365
I. 367
II. 375
III. 386
Jochen Johrendt: Eine Leiche vor Gericht. Streit vor und um Päpste in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts 389
Abbildungen 411
Beiträgerverzeichnis 417
Streitschlichtung am Hof. Versöhnungsrituale, Eide und Historiographie im 9. Jahrhundert (S. 247-248)
Thomas Scharff
Gestritten wurde an den Höfen und zwischen den Höfen der Karolinger häufig und in wechselhaften Konstellationen. Die Könige, die Herrscherfamilie und die mit beiden auf unterschiedlicheWeise verbundenen geistlichen oder weltlichen Großen trugen miteinander Konflikte aus, die während und nach der Regierungszeit Ludwigs des Frommen immer heftigere Formen annahmen und in der Herrscherabsetzung sowie im ,Bruderkrieg‘ einen ersten Höhepunkt erreichten.
Jene Zeitgenossen, die sich als Historiographen oder auf andere Weise schriftlich mit den Ereignissen auseinandersetzten, nahmen diese Konflikte intensiv wahr und brachten den von ihnen erlebten Niedergang des Reiches immer wieder mit der mangelnden Einigkeit der Karolinger untereinander in einen ursächlichen Zusammenhang. Die inneren Streitigkeiten waren aus ihrer Sicht für die äußere Schwäche des Reiches verantwortlich und luden Gegner wie die Normannen geradezu ein, über die Franken herzufallen.
Obwohl sie fast immer selbst Teil der Auseinandersetzungen waren, entwickelten hohe Kleriker gegen diese Konflikte so etwas wie eine Theologie der Einheit. In Fürstenspiegeln, in theologischen Traktaten, aber auch in historiographischen Exempla legten sie den Machthabern dar, wie man das Verhältnis zwischen dem König und dem Volk, demHerrscher und seinen Söhnen oder den Königssöhnen untereinander innerhalb der christianitas zu gestalten habe, um erfolgreich auf dem Weg des göttlichen Heilsplans voranzuschreiten.3 Dabei spielte neben der Befolgung bestimmter Verhaltensnormen die Versöhnung nach Konflikten eine zentrale Rolle.
Theologisch betrachtet ging es bei ,Versöhnung‘ (reconciliatio) zunächst einmal um die Versöhnung desMenschen mit Gott. Hier galt im Frühmittelalter die von Augustinus übernommene Redemptionslehre: Ihr zufolge besitzt der Teufel dieMenschen zu Recht, weil diese ihm ja mit freiemWillen zugestimmt haben. Die einzigeMöglichkeit zur Befreiung der Menschen besteht in der Erniedrigung, der Inkarnation Gottes selbst und in seinem unschuldigen Tod.
Auf diese Weise wird die Menschheit erlöst bzw. mit Gott versöhnt. Dieser grundsätzlich versöhnte Zustand zwischen Gott und den Menschen wird freilich durch die Menschen und deren Sünden immer wieder gestört. Er kann dann nur durch die Vermittlung des Klerus und durch die Buße wieder hergestellt werden. Von den Gliedern der christianitas wurde vor allem gefordert, dass die Menschen in Eintracht miteinander lebten. Dieser Anspruch wurde immer wieder erhoben; er erklärt auch, warum die Bruderkriege mit ihren komplizierten Loyalitätsbindungen so sehr als Katastrophe empfunden wurden.
Politischer Streit und politische Vergehen, die andere Christen trafen, wurden auf diese Weise zu Sünde, weshalb nur Buße zur Besserung führen konnte.6 In extremer Form drückt sich dieses Denken in derHerrschaft Ludwigs des Frommen aus. Mayke de Jong hat ja kürzlich und zu Recht seine Herrschaft als „Penitential State“ beschrieben.7 Unter seinen Söhnen wurde das Zusammenwirken der ,Brüdergemeine‘ in den Begriffen von pax, concordia und caritas gefasst. Man fühlt sich hier in der Theorie an das Modell der Benediktsregel erinnert, in der dieMönche gehalten werden, nach einem Streit noch vor Sonnenuntergang zum Frieden zurückzukehren.
Erscheint lt. Verlag | 6.10.2011 |
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Reihe/Serie | Super alta perennis |
Super alta perennis | |
Super alta perennis. | Super alta perennis. |
Mitarbeit |
Herausgeber (Serie): Uwe Baumann, Winfried Schmitz, Marc Laureys |
Zusatzinfo | mit 12 Abbildungen |
Verlagsort | Göttingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geschichte ► Allgemeine Geschichte ► Mittelalter |
Geschichte ► Teilgebiete der Geschichte ► Kulturgeschichte | |
Schlagworte | Frankenreich • Frühmittelalter • Konflikt • Königlicher Hof • Ostgotenreich • Papsttum • Religiöse Auseinandersetzung • Spätantike • Vandalenreich |
ISBN-10 | 3-86234-884-9 / 3862348849 |
ISBN-13 | 978-3-86234-884-8 / 9783862348848 |
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