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Du sollst nicht lügen!

Von einem, der auszog, ehrlich zu sein
Buch | Hardcover
336 Seiten
2010
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-570-10044-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Du sollst nicht lügen! - Jürgen Schmieder
CHF 20,90 inkl. MwSt
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Origineller Erfahrungsbericht über einen einzigartigen Selbstversuch, 40 Tage lang die Wahrheit zu sagen

Lügen haben kurze Beine. Wenn dieser Kindheitsspruch stimmen würde, liefen wir auf Stummelbeinen durch die Welt. Denn wir lügen, sagt die Wissenschaft, bis zu 200-mal - am Tag. Aus Höflichkeit, aus Diplomatie oder weil es einfacher ist. Jürgen Schmieder sagt in einem Selbstversuch vierzig Tage lang nichts als die Wahrheit. Das Ergebnis: blaue Flecken, Nächte auf der Couch, diverse Beleidigungen, ein verlorener Freund. Manchmal fühlt er sich befreit und mutig, manchmal deprimiert und verunsichert. Privat ("Findest du meinen Hintern fett?") und beruflich ("Mach doch deinen Scheiß alleine!") gerät er in ungemütliche, aber auch witzig-erhellende Situationen.

Ein amüsant-nachdenkliches Buch über das - kein bisschen eindeutige - Verhältnis von Wahrheit und Lüge.

Jürgen Schmieder, Jahrgang 1979, studierte Germanistik, Volkswirtschaft und Medienwissenschaft in Regensburg, Film an der University of Michigan und Kulturjournalistik an der Filmhochschule München. Bereits während des Studiums arbeitete er für diverse Zeitungen und Zeitschriften (Michigan Daily, Cosmopolitan, Der Spiegel) sowie für das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung.Zurzeit ist er Redakteur für sueddeutsche.de sowie Reporter und Autor für die Süddeutsche Zeitung. Er schreibt regelmäßig über Sport und ist Autor verschiedener erfolgreicher Kolumnen, u.a. „Mein Bauch gehört mir“ (auch als Buch erschienen in der Süddeutschen Zeitung Edition).

Soll ich sie eine beschissene Schlampe nennen? Oder eine verdammte Schnepfe? Oder reicht bl_de Kuh? Ich wei_es nicht.
Es ist mein erstes Mal - und ich will beim ersten Mal keinen Fehler machen. Niemand will beim ersten Mal einen Fehler machen, obwohl jedes erste Mal im Nachhinein betrachtet eines der unwichtigsten Ereignisse im Leben eines Menschen ist, aber das wei_man ja vorher nicht, weshalb ein erstes Mal mindestens so geplant sein muss wie der Start einer Rakete oder das Weihnachtsessen bei meinen Eltern.
Sie m_ssen _berlegt sein, diese Worte, die ich gleich aussprechen werde, sie m_ssen ins Schwarze treffen, einen Fehlschuss darf ich mir nicht erlauben - und diese drei erw_ten Beleidigungen kommen mir als Erstes in den Sinn. Meine Kinderstube taugt zwar nicht als Vorbild f_r ein Kinderbenimmbuch, verbietet mir aber dennoch den _berm_gen Gebrauch von Schimpfw_rtern und Beleidigungen. Meine Eltern haben mir in den wenigen Momenten, in denen ich ihnen erlaubt habe, mich tats_lich zu erziehen, beigebracht, von den etwa 300 Schimpfw_rtern, die mir t_ich durch den Kopf gehen, h_chstens 15 auszusprechen, und davon h_chstens f_nf f_r andere Menschen h_rbar.
Meine Erziehung ist mir jetzt allerdings egal, denn es geht um h_here Ziele.

Es ist Aschermittwoch. In der Empfangshalle des M_nchner Bahnhofs riecht es nach versch_ttetem Alkohol, halb und r_ckw_s verdauten Cheeseburgern. Der Boden ist klebrig, jeder Schritt h_rt sich an, als w_rde man einen Klettverschluss _ffnen. Ich muss daran denken, wann der Boden wohl das letzte Mal gewischt wurde und wie viele Keime bei jedem Schritt am Schuh kleben bleiben und so in meine Wohnung gelangen und dort eine lustige Kommune starten, weil ich zu faul bin, die Zimmer zu putzen. _erall liegen Luftschlangen und Bierflaschen und Cheeseburger-Papier. Hin und wieder r_lpst einer. Ich frage mich immer, warum Menschen in Gro_t_en einfach alles auf den Boden werfen. Sie schnippen Zigaretten auf die Stra_, sie lassen benutzte Papiert_ten einfach fallen, und aus ihren CO2-reduzierten Autos werfen sie so ziemlich alles, was durch das halb ge_ffnete Fenster passt - was ziemlich viel sein kann, wenn man gut genug kn_llen kann. Vielleicht glauben die Menschen in Metropolen, dass es schon irgendjemand wegr_en wird, wenn schon so viele Leute da sind. Da, wo ich herkomme, in einem kleinen St_chen zwei Stunden n_rdlich von M_nchen, liegt jedenfalls nicht so viel M_ll auf der Stra_. Vielleicht haben die Menschen dort nicht so viele Sachen zum Auf-die-Stra_-Werfen, oder es gibt einen anderen Grund daf_r.
Ich bin an diesem Morgen in der U-Bahn neun verkleideten Personen begegnet, von denen mindestens sieben stolz auf einen Fahr- und Gehunt_chtigkeit bewirkenden Promillegehalt sein konnten. Drei hielten sich aneinander fest und veranstalteten ein menschliches Extrem-Jenga. Bei jedem Halt stie_es einen der drei auf, als w_rde man einem S_ling auf den R_cken klopfen. Die anderen beiden fanden das lustig und applaudierten. Zwei der Betrunkenen knutschten wild miteinander. Ich habe grunds_lich nichts gegen betrunkene Menschen, die sich einander festhalten und miteinander knutschen, aber an diesem Morgen muss ich meinem Gehirn doch 30 Sekunden Zeit geben, um wieder mit den Augen auf einer Wellenl_e zu sein. Ich meine, auf so etwas ist der verheiratete Endzwanziger nicht vorbereitet an einem Aschermittwoch.
Nun stehe ich in der Schlange vor dem Ticketschalter, f_r dessen Dienste die Deutsche Bahn tats_lich einmal 2,50 Euro Schalter-Service-Geb_hr verlangen wollte, um die Kunden dazu zu zwingen, beim Fahrkartenkauf lieber mit einer Maschine als mit einem anderen Menschen zu kommunizieren - und dann s_liche Schalterangestellte entlassen zu k_nnen, weil so ein Automat nat_rlich weniger kostet als ein Mensch. Meiner Meinung nach diente diese Aktion eher dazu, Kulturpessimisten und jenen, die behaupten, dass fr_her sogar die Zukunft besser war, weitere Argumente f_r ihre Haltung zu lief

Erscheint lt. Verlag 12.3.2010
Verlagsort München
Sprache deutsch
Maße 125 x 200 mm
Gewicht 412 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Psychologie
Geisteswissenschaften Psychologie Test in der Psychologie
Schlagworte Ehrlichkeit • Erfahrungsbericht • Lüge • Selbstversuch • Tugend • Verhaltensforschung • Wahrheit
ISBN-10 3-570-10044-8 / 3570100448
ISBN-13 978-3-570-10044-8 / 9783570100448
Zustand Neuware
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