|
||||||||
Vorwort
Die Betreuung und Begleitung von Schwerkranken, Schlaganfall-, Komapatienten und Demenz-Betroffenen basiert auf einer guten Kommunikation zwischen Ärzten, Pflegern, Begleitern und Angehörigen der Betroffenen. In der Regel kommunizieren wir primär mit Hilfe des verbalen Ausdrucks. Aber auch wenn wir in Wörtern sprechen, ganze Sätze formulieren - parallel zum Sprechen gestikulieren wir immer auch mit den Händen, kann unser Gegenüber unsere Stimmungen an der Mimik ablesen. Die Körperhaltung und die Körperbewegungen zeigen, ob wir unserem Gegenüber aufmerksam zuhören und Respekt zollen. Wenn physische, psychische oder mentale Einschränkungen nach alternativen Kommunikationsformen verlangen, dann haben wir als Begleiter die Möglichkeit den Betroffenen zu motivieren und mit ihm gemeinsam einen geeigneten Weg, eine Brücke, eine gemeinsame Sprachebene zu entdecken. Wenn wir den Menschen nicht alleine lassen wollen, so kann das Ziel dieser Begleitung vor allem eine dialog-orientierte Begleitung sein. Patienten, die mit körperlichen, seelischen, geistigen oder auch sozialen Einschränkungen leben, werden auf Grund der Einschränkungen einen individuellen Weg der sprachlichen und nichtsprachlichen Kommunikation, einen verbalen und nonverbalen Dialog suchen müssen. Damit wir als Begleiter den Patienten auch auf der nonverbalen Ebene Gesprächsangebote machen können, ist eine Sensibilisierung für unsere eigenen nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten notwendig. Dieses Buch geht noch einen Schritt weiter und bietet dem Leser die Gelegenheit, mit Hilfe alltagsorientierter Übungen die Wirkung körperlicher Einschränkungen nachzuvollziehen. Mit Hilfe der Übungen zur Wahrnehmungs-Sensibilisierung erleben die Leser den Alltag im Straßenverkehr und im zwischenmenschlichen Dialog mit Seh- und Höreinschränkungen, mit Artikulationsproblemen und Unsicherheiten in der Geruchsdefinition. Sie lernen die Differenzierungsmöglichkeiten mit Hilfe des Tastsinns und versuchen mit einer eingeschränkten Funktionstüchtigkeit einer Körperhälfte ein paar Schritte zu gehen, Treppen zu steigen. Diese Erfahrungen werden vor dem Hintergrund der differenzierten Betrachtung von Selbst- und Fremderfahrungen ausgewertet. Keiner wird nach diesen Übungen behaupten, dass man wisse, wie es ist blind, taub, gehbehindert zu sein oder mit einer Artikulationsschwäche u.a. leben zu müssen. Als Begleiter von Menschen mit ähnlichen Einschränkungen werden Sie jedoch mit Hilfe der praktischen Übungen und weiteren Empfehlungen dieses Buches präzise Fragen über individuelle Wahrnehmungen und Bedürfnisse der Betroffenen stellen können. Diese Übungen können Ihnen helfen, die individuelle Situation des von körperlichen Einschränkungen Betroffenen besser einzuschätzen, vor allem aber einen sinnvollen, einen sinnerfüllten und individuellen Dialog mit dem Betroffenen zu führen. Der thematische Schwerpunkt dieses Buches liegt in der körpersprachlichen Kommunikation zwischen Begleiter und dem Betroffenen. Wie können wir mit einem Patienten kommunizieren, der keine Wörter, keine sprachlichen Zusammenhänge mehr äußern kann. Welche Chance liegt in einem Dialog zwischen Begleiter und Patient, wenn wir unsere eigenen nichtsprachlichen, nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten bewusst erfahren und einsetzen? In diesem Buch werden Sie Schritt für Schritt durch die vielfältigen nonverbalen Kommunikationselemente geführt. Sie haben die Möglichkeiten selber zu testen, wie der körpersprachliche Ausdruck des Gegenübers auf Sie wirkt. Und Sie lernen, dass zu einer seriösen Beurteilung des Gegenübers mehr als nur Mimik und Gestik gehört. Gerade wenn wir mit Schwerstkranken, verbal, wie nonverbal eingeschränkten Patienten kommunizieren möchten, müssen wir auf kleinste körpersprachliche Zeichen achten. Wenn ein Patient sich z.B. nur mit dem Zucken eines bestimmten Muskels über einen Ja-Nein-Rhythmus verständigen kann, dann bedarf es einer besonderen Aufmerksamkeit des gesamten Begleiter-Teams, einschließlich Angehörigen und Freunden. Den Patienten in seinen individuellen Talenten und Möglichkeiten kennen lernen heißt, seine nonverbalen Ausdrucksmöglichkeiten wahrzunehmen, zu respektieren und zu beantworten. Grundlage der kommunikativen Begegnung zwischen Menschen ist der gegenseitige Respekt, der auch in der Begegnung zwischen Begleiter und Patient Ausdruck finden sollte. Wie verändert der durch physische, psychische, mentale und soziale Einschränkungen bestimmte Alltag die Sprache des Patienten, der Angehörigen und der Begleiter? Dieses Buch möchte Ihnen nicht nur äußerliche Aspekte einer veränderten Kommunikation vorstellen, vielmehr auch die emotionale Bedeutung einer eingeschränkten Kommunikationsfähigkeit aufzeigen. So werden in dem Kapitel Sinnvolle Kommunikation alternative Kommunikationswege - wie beispielsweise der Ausdruck mit Farben oder der Dialog mit Hilfe von Tieren - und Anregungen zur sinnvollen Stimulation der Sinne aufgezeigt. Das Kapitel des sensiblen Dialogaufbaus vermittelt konkrete Hilfen, wie ein gelungener Dialog entstehen kann. Als Ergänzung zu traditionellen Varianten des nonverbalen Dialogs, stellt das letzte Kapitel ein neues Spiel- und Therapiesystem - Partico - vor. Mit Hilfe dieses Systems können diagnostische, wie therapeutische Erkenntnisse auf der nonverbalen Kommunikationsebene - v.a. auch im Dialog mit erwachsenen Patienten - erhalten werden. Der Einsatz der Partico-Teile unterstützt die kreativen Anteile im zwischenmenschlichen Dialog und fördert so auch eine große Dialog-Bereitschaft zwischen Arzt, Therapeut, Begleiter und Patienten. Dieses Buch möchte all jene Menschen ansprechen, die Betroffene nach einem Schlaganfall, Behinderte, von Koma oder Demenz Betroffene, Schwerstkranke und Sterbende sowie ihr soziales Umfeld (Familie, Freunde, Kollegen, u.a.) begleiten: Pfleger, Ärzte, Physio-, Ergo- und Psychotherapeuten, Logopäden sowie Sozialarbeiter und -pädagogen, Seelsorger und ehrenamtliche Kranken- und Sterbebegleiter (z.B. Hospizhelfer, Tier- / Besuchsdienstler), vor allem aber auch die Familienmitglieder selber, die mit einem altersschwachen, behinderten oder schwerstkranken Angehörigen leben. Das Buch bietet darüber hinaus sicherlich auch für Dozenten, Journalisten und andere Multiplikatoren viele Anregungen, um das Thema Kommunikation mit Behinderten, Koma- und Demenz-Betroffenen sowie Schwerstkranken und Sterbenden sensibel darzustellen. Ganz besonders möchte die Autorin Studenten der Medizin, der Psycho- und Körpertherapien sowie der Pflegeberufe, wie auch Ärzten in der Praxis und an Kliniken, in Aus- und Weiterbildung Mut machen, sich nicht nur mit dem Thema auf kognitiver Ebene zu befassen, vielmehr sich auch auf praktische Übungen und viele in diesem Buch auch von Kollegen befürwortete Anregungen einzulassen. Nur mit Ihrer Hilfe werden die Betroffenen, ihre Angehörigen und Freunde, v.a. aber das gesamte Team der Begleitung von Behinderten, Alten, Geschwächten, Schwerkranken, von Koma- und Demenz-Betroffenen sich im Dialog verständigen können. Dem hier vorgestellten nonverbalen Dialog folgt ein zweites Buch, Der verbale Dialog, der sich dem hier Ausgeführten anschließen wird. Auf der Grundlage der nonverbalen Dialogfähigkeit werden zum verbalen Dialog auch wieder Übungen den Texten zur Seite gestellt. Wenn wir die Vielfalt von nonverbalen und verbalen Ausdrucksmöglichkeiten verinnerlichen, wird es uns auch gelingen eine ganz persönliche Art des angenehmen und gelungenen Dialogs mit Patienten zu führen. Und auch, wenn es den Begleitern nicht immer gelingen wird, die einschränkenden Behinderungen des Betroffenen zu verbessern, ein wahrhaftiger Dialog der professionellen Anteilnahme ist immer auch ein ganz besonderes Element zur Steigerung der Lebensqualität.
Alte und behinderte Menschen mit eingeschränkten Körperfunktionen, Kranke und Schwerstkranke, Demenz- und Koma-Betroffene sowie Sterbende werden aus lesetechnischen Gründen in diesem Buch vorzugsweise in der nicht-geschlechtlichen Form als Klienten, Patienten bzw. als Betroffene bezeichnet. Aus dem selben Grund verzichtet die Autorin auf die Erwähnung der männlichen und weiblichen Form von Ärzten, Begleitern, Patienten etc. |
||||||||
© Blick ins Buch von Midvox | Informationen für
Verlage
Über Blick ins Buch | Impressum | Datenschutzerklärung | Nutzungsbedingungen |